Eigene verdummt, Nachbarn verprellt

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Eine Fahrt zum EU-Parlament in Straßburg zahlt sich dann besonders aus, wenn man dort Abgeordnete trifft, die gegenüber der nationale Parteilinie ihrem eigenen europäischen Denken treu bleiben. Beim Grünen Johannes Voggenhuber ist das quasi zum Dauerzustand geworden. In positiver Erinnerung geblieben sind diesbezüglich aber auch die Liberale Karin Resetarits, der EVP-Fraktions-Vizechef Othmar Karas und sein Pendant auf SPE-Seite Hannes Swoboda, die gegen heftigen Widerstand als die drei einzigen österreichischen Abgeordneten für EU-Beitrittsgespräche mit der Türkei gestimmt haben.

Diesmal schert Swoboda mit seinem steirischen EP-Kollegen Jörg Leichtfried aus den SPÖ-Reihen aus: Im Gegensatz zur Parteilinie - vom Verteidigungsminister auf- und abwärts - halten die beiden nichts von der Fortsetzung des Bundesheer-Assistenzeinsatzes an der Grenze zu Ungarn und der Slowakei. Nach der Schengen-Erweiterung haben österreichische Soldaten an der Grenze "nichts mehr verloren", kritisieren beide unisono. Und das völlig zurecht und trotz der aus verfassungs- und europarechtlichen Gründen vorgenommenen Modifizierungen: So dürfen die Soldaten nicht mehr an der Grenze, sondern müssen im Hinterland patrouillieren; und sollte den Grundwehrdienern ein Verfassungsrechtler unterkommen, sollten sie diesen mit einem Verweis auf ihren "sicherheitspolitischen Assistenzeinsatz" beruhigen können.

Was soll das? Da wird wieder einmal an der Verfassung herumgedoktert, bis sie den tagespolitischen Bedürfnissen entspricht. Und da lässt man sich in Wien, St. Pölten und Eisenstadt feiern, wie sehr man doch das Sicherheitsbedürfnis der Bevölkerung ernst nehme, dabei konterkariert man mit schrulligen Maßnahmen eine Entscheidung, die man auf EU-Ebene mitbeschlossen hat.

Grenzsicherung ist an EU-Grenzen Aufgabe der Polizei - und nur der Polizei! Und wenn wir zuwenig Polizisten haben, müssen wir mehr einstellen. Und nicht das in jeder Hinsicht unzureichende militärische Hilfssheriff-Provisorium verlängern. Nur gut, dass Österreichs Heer jegliche Bedrohungskapazität fehlt. Bei einem vergleichbaren Einsatz beispielsweise in Frankreich würden national und international alle Alarmglocken läuten und es Protestnoten hageln. Österreich verprellt nur ein paar Nachbarn - doch die sind es eh gewohnt und können sich damit trösten, dass es den Österreichern nicht besser geht: Die werden nämlich von ihrer Regierung für dumm verkauft.

wolfgang.machreich@furche.at

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