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Ein derzeit noch ungeliebter Job

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Fest steht nur eines: Österreichs Vertreter im Europaparlament müssen sprachgewandte, flexible Berufspolitiker sein. Wer was wird und was macht, darüber denken die Parteien zur Zeit nach.

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Fest steht nur eines: Österreichs Vertreter im Europaparlament müssen sprachgewandte, flexible Berufspolitiker sein. Wer was wird und was macht, darüber denken die Parteien zur Zeit nach.

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In der SPO wurde laut Peter Schieder „über Personen bisher noch nicht gesprochen". Erst nach der Nationalratswahl wollen sich die Sozialdemokraten damit befassen, wer zu den neun bis zehn (von insgesamt 21 österreichischen) Abgeordneten zählen könnte, die die sozialistische Fraktion im Europaparlament verstärken werden. Nur zwei Namen läßt sich Schieder entlocken: „Hilde Hawlicek könnte auf der Liste stehen, ich selbst kandidiere nicht." Jedenfalls wird die SPO keine reinen Außenpolitiker aufstellen, sondern Spezialisten, die alle Bereiche gut abdecken, sich in einem internationalen Apparat zurecht finden und leicht Kontakte knüpfen können. Dabei stellt sich Schieder eine Mischung aus erfahrenen und neuen Politikern vor.

Ganz andere Töne aus der ÖVP: Dort weiß man schon ziemlich genau, wer sie in Straßburg/Brüssel vertreten wird. Pro Bundesland soll ein Mandatar entsandt werden, wobei laut außenpolitischem Sprecher Andreas Khol für die kleinen Bundesländer Vorarlberg und Burgenland eine „pragmatische Lösung" gefunden werden muß. Allen voran steht Fritz König aus Wien auf der Liste, der „alles kann" und vermutlich Fraktionsführer wird. Für Oberösterreich nennt Khol Gerhard Bruckmann als „expert in every-thing". Hubert Pirker, Nationalratsabgeordneter aus Kärnten, könnte sich mit innerer Sicherheit, Michael Spindelegger, EU-Sprecher aus Niederösterreich, mit Finanzen befassen. Reinhard Rack, steirischer Europabeauftragter (Furche 27/1994),wird die Steiermark vertreten, Andreas Kiefer, bislang Büroleiter von Landeshauptmann Katschthaler, Salzburg, und Dieter Bachmann, Landtagsabgeordneter, das Tirolerland.

Wird es für die ÖVP wirklich ausschließlich „unser Mann in Brüssel" heißen? Nein. Da werden auch weibliche Namen gehandelt. Zum Beispiel der von Marilies Flemming, die aber nur anstelle von König Abgeordnete werden könnte. Da muß die Wahl entscheiden.

Für Khol gehören noch drei weitere Frauen auf die Liste: Elisabeth Freytag als Umweltexpertin, Christine Kaul aus dem Pressebüro von EU-Botschafter Corrado Pirzio-Biroli, und Gerlinde Rogatsch, die von Khol als der „politische Kopf der VP-Zentrale" bezeichnet wird. Generell gilt: wer von der ÖVP nominiert werden will, soll nach Möglichkeit ein erfahrener Parlamentarier sein, außenpolitische Erfahrung haben und hauptberuflich als Politiker arbeiten. Eine Beamtenregelung kommt nicht in Frage, denn der Job im Europa-Parlament erfordert, so Khol, die totale Beanspruchung. „Nach einem Jahr Aufbauarbeit müßte man halt gewissen alten Rös-sern den Rücktritt nahelegen, damit andere zum Zug kommen."

Die FPÖ - ihr stehen drei bis vier Sitze zu - hat „überhaupt noch keinen Kandidaten". Erst wenn der Europa-Wahltermin feststeht, soll in den Gremien eine Auswahl stattfinden. „Jedenfalls werden unsere Leute mit aller Kraft unsere Ideen und Vorstellungen vertreten. Vor allem geht es um weniger Bürokratie, weniger Zentralismus und um mehr Bürgermitbestimmung und Bechte", betont Bundespressesprecher Peter Westerthaler.

Die Grünen wollen ihre ein bis zwei Mandate im Europaparlament nicht mit Ja-Sagern besetzen. „Davon gibt's schon genug", kritisiert Franz Floss, der vor allem einen Anwalt der EU-Skeptiker haben will und keinen Handelsreisenden, der sich vom Lobbyismus zudecken läßt.

Denkmöglich: Johannes Voggen-huber, Marijana Grandits, Doris Kammerlander, Sonja Puntscher-Riekmann, Floss. Entschieden wird aber erst im November, wenn der Bundeskongreß der Grünen tagt und der Bundesvorstand neu gewählt wird.

Trotz unterschiedlicher Vorstellungen und Vorgangsweisen steht noch etwas für die EU-Parlamentarier aller Parteien fest. Der Job in Straßburg/Brüssel ist gut bezahlt, gilt als Sprungbrett oder letzte Belohnung (früher hieß es: Hast du einen Opa, schick ihn nach Europa) und ist derzeit noch ein ungeliebter.

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