"Ein Leben retten. Und damit die Welt“

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Alfred Fogarassy hat nicht nur als Manager bei Mayr-Melnhof Karriere gemacht. Er hat seine Ressourcen auch genützt, um Straßenkinder in Rumänien, alte Menschen in Moldawien und Volksschulkinder in Wien zu unterstützen. Über einen Gönner im besten Sinn.

Eigentlich ist der soignierte ältere Herr schon längst im Ruhestand. Erst vor Kurzem hat er seinen 70. Geburtstag gefeiert - nicht im Rahmen eines rauschenden Festes, sondern gemeinsam mit engen Freunden und der Fotografin Nora Schoeller, mit der er seit 30 Jahren als "unverheiratetes Ehepaar“ zusammenlebt. Doch Alfred Fogarassy hat trotzdem viel zu tun: Tag für Tag kommt er in sein Büro in der Wiener Argentinierstraße und koordiniert von hier aus seine Aktivitäten: als Betreiber der Telos Consulting GmbH; als Vizepräsident in den Aufsichtsräten der Altstoff Recycling Austria (ARA) und der Erber AG, die in der landwirtschaftlichen Biotechnologie führend ist; und vor allem als guter Mensch.

Seit vielen Jahren engagiert sich Fogarassy für benachteiligte Menschen - persönlich, aber auch in seiner Funktion als Sozialreferent im Rotary-Club Wien-Stadtpark, wo es seine Aufgabe ist, besondere, nur langjährig wirksame Projekte zu betreuen.

Wie weit soziales Engagement gehen kann, hat Fogarassy am Beispiel eines besonderen Menschen erlebt. Als sich der Westen 1989 über die schockierenden Bilder aus rumänischen Kinderheimen empört und deren Schließung fordert, doch sich nicht dafür interessiert, dass die Kinder auf der Straße landen, fährt der Jesuit P. Georg Sporschill nach Bukarest und gründet 1992 den Verein "Concordia“. Sechs Jahre später berichtet Sporschills Mitarbeiterin Ruth Zenkert im Buch "Um mich weint hier niemand“ (Styria) über das Leben der Straßenkinder; Nora Schoeller fotografiert ihre Gesichter im Kanalsystem unter dem Bukarester Bahnhof - und Alfred Fogarassy begleitet sie dabei. "Das sind brutale Burschen und Mädchen, die alles erlebt haben: Drogen, Vergewaltigungen“, erzählt er mit dunkler Stimme. "Doch P. Sporschill hat eine wunderbare Art, mit ihnen umzugehen.“

Direkter Kontakt statt Dankesbriefe

Die tätige Frömmigkeit des unkonventionellen Priesters beeindruckt ihn bis heute: "Er ist ein leuchtendes Beispiel voll Charisma“, sagt der "nicht sehr fromme“ Katholik Fogarassy über seinen engen Freund, dessen Bibelschule im zweiten Wiener Bezirk er wöchentlich besucht. Mit seiner privaten Sozialstiftung unterstützt Fogarassy heute die "Concordia“-Projekte, so gut er kann. Und wenn möglich reist er auch vor Ort. Er war etwa in Moldawien, wo über hundert alte Menschen nach langer Trockenheit beinah zu verhungern drohten - und besuchte eine von ihm initiierte und bis heute unterstützte Suppenküche. "Dieser direkte Kontakt ist unersetzlich“, sagt er. "Da brauche ich keine Dankesbriefe oder öffentliche Anerkennung.“ Fogarassy war auch im rumänischen Sibiu, wo Ruth Zenkert in einem neuen Sozialprojekt versucht, die Roma-Kinder aus den Gettos der umliegenden Dörfer durch Anreize zum Schulbesuch zu bewegen. Und er hat nahe Sibiu jenen Ort besucht, in dem die ungarische Offiziersfamilie, der er entstammt,ihre Wurzeln hat: Fogaras.

"Aber eigentlich komme ich aus dem Nichts“, sagt er lächelnd. 1942 wird er als Einzelkind in Wien geboren, besucht das Akademische Gymnasium und studiert Jus. Nach zweijähriger Tätigkeit bei einem Wirtschaftsprüfer geht er zu Mayr-Melnhof, wo er das Erfolgsprodukt, die Verpackungs-Sparte, aufbaut. Schließlich wird er Geschäftsführer dieser Einheit und 1994 Mitglied im Vorstand der Mayr-Melnhof Karton AG. Sein Erfolgsrezept? Fleiß und Verlässlichkeit - Tugenden, die heute eher milde belächelt werden. "Wir haben ein Problem mit dem Wertesystem: das alte ist verloren gegangen und ein neues nicht in Sicht“, klagt der seit 2001 pensionierte Manager. "In Politik und Wirtschaft gibt es Missbrauch - und vor allem im Finanzbereich Auswüchse. Hier fehlen klare Regeln und Sanktionen. Doch die Politik bleibt hilflos und untätig, es fehlt an Mut, Ideen und Persönlichkeiten.“

Im Bereich der Schulpolitik ist es ähnlich. Sieben Jahre ist es her, als ihm eine Integrationslehrerin an der Volksschule Haebergasse im 12. Wiener Gemeindebezirk von ihren Schwierigkeiten berichtet hat. Gemeinsam mit der Schule und der Bezirksschulinspektorin hat der Rotary-Club Wien-Stadtpark deshalb den "Club Lerntrampolin“ konzipiert, der bis heute von den Rotariern unterstützt wird. Für rund 320 Kinder - 80 Prozent davon mit Migrationshintergrund - werden Montag bis Donnerstag von 14 bis 17 Uhr gegen einen sozial gestaffelten Beitrag Sprach-, Lern- und Kreativkurse organisiert. Die nötigen Jahresmittel von 30.000 Euro werden von Rotary mithilfe eines jährlichen Benefizkonzerts aufgebracht. Einmal wöchentlich kommen auch Rotarierinnen und Rotarier als Lesepaten in die Schule. So mancher griesgrämige Anwalt und Manager wird dabei zum fröhlichen Menschen.

Alfred Fogarassy selbst war noch nicht als Pate im Einsatz. Zu sehr nimmt ihn die Organisation des Projekts, das langsam in öffentliche Verantwortung übergehen muss, in Anspruch. Von seinem großen Buchprojekt mit Nora Schoeller über seinen Ururgroßvater Ignaz Gridl (siehe unten) nicht zu reden.

Doch wofür das alles? Was soll einmal von ihm bleiben? "Bleiben tut eigentlich nichts, wir kommen aus dem Unklaren und gehen ins Unklare“, sagt Fogarassy. "Aber die Chance des Lebens sollte man nützen.“ Er jedenfalls will seine Ressourcen dazu verwenden, um dem "Concordia“-Motto Tag für Tag etwas näher zu kommen: "Wer ein Leben rettet, rettet die ganze Welt!“

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