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Im Kampf gegen die Ausbreitung von Nuklearwaffen müssen jetzt neue Instrumente gefunden werden, meint die Neue Zürcher Zeitung.

In diesem Frühling sind es genau vierzig Jahre her, seit der internationale Atomsperrvertrag in Kraft getreten ist. Das Abkommen mit der englischen Bezeichnung Nuclear Non-Proliferation Treaty (NPT) verankerte im Völkerrecht einen beispiellosen Tauschhandel: Die Nicht-Atomstaaten verzichteten mit ihrer Unterschrift auf eine nukleare Bewaffnung, sicherten sich aber im Gegenzug das Recht auf die friedliche Nutzung der Kernenergie und den Zugang zu entsprechendem Know-how. Die fünf Staaten, die bis dahin erfolgreich Atombomben entwickelt und getestet hatten, wurden als Atomwaffenstaaten förmlich anerkannt, mussten sich aber verpflichten, auf die komplette Abrüstung ihrer nuklearen Arsenale hinzuarbeiten. Jahrzehntelang hat dieser Kompromiss nicht schlecht funktioniert. Nur drei Staaten – Indien, Pakistan und Israel – haben das Dokument nie unterschrieben; der NPT ist damit eines der am breitesten abgestützten Vertragswerke. Sein Haupterfolg besteht darin, dass er die Ausbreitung dieser furchtbarsten aller Waffenkategorien zwar nicht gestoppt, aber wohl doch stark gebremst hat. Statt Dutzender zusätzlicher Atomwaffenstaaten, wie man in den sechziger Jahren befürchtet hatte, sind seither nur vier Länder neu zum Kreis der Kernwaffenbesitzer gestossen. Dennoch steckt der Atomsperrvertrag heute in einer Krise; seine Glaubwürdigkeit hat stark gelitten. Untergraben wird er namentlich durch Länder wie Iran, die ihre Atomprogramme unter krasser Verletzung vertraglicher Verpflichtungen vorangetrieben haben.

Zunahme der Nuklearmächte

Sollten solche Verstösse Schule machen, droht eine sprunghafte Zunahme der Zahl der Kernwaffenstaaten, besonders im Nahen und Mittleren Osten, wo das Konfliktpotenzial ohnehin schon gross ist. Wenn der atomare Tauschhandel aus der Zeit des Kalten Krieges auch im 21. Jahrhundert noch Bestand haben soll, ist daher eine Auffrischung und Bekräftigung dringend nötig. Eine Chance dazu bietet sich an der soeben eröffneten Konferenz am Uno-Hauptsitz, die während der kommenden vier Wochen den NPT auf seine Zukunftstauglichkeit überprüfen soll.

Berechtigte Kritik

Traditionell nutzen die Blockfreien solche Konferenzen, um ihre Hauptbeschwerde vorzutragen – die Tatsache, dass das im Vertrag anvisierte Ziel einer atomwaffenfreien Welt noch immer in weiter Ferne sei. Sie haben nicht unrecht: Die beiden grossen Atomwaffenstaaten USA und Russland, schlagen beim Abbau ihrer Nuklearbestände ein gemütliches Tempo an und denken nicht ernsthaft daran, auf ihre atomare Macht ganz zu verzichten. Trotzdem gilt es, die richtige Perspektive zu wahren: Der Kerngedanke des Atomsperrvertrags wäre nicht gerettet, wenn die Grossmächte im grossen Stil abrüsten würden. Die Krise des NPT hat ihre Ursache vielmehr darin, dass der Vertrag in seiner jetzigen Form als Bollwerk gegen die weitere Verbreitung von Atomwaffen nicht mehr genügt und zu viele Schlupflöcher für Missbräuche offen lässt. Eine Reihe von besorgniserregenden Entwicklungen der letzten Jahre belegt dies: der Ausstieg Nordkoreas aus dem Vertrag und die nachfolgende Testzündung zweier Atombomben, die illegalen Nukleargeschäfte des Netzwerks um den Pakistaner Abdul Qadeer Khan (...) und nicht zuletzt der Versuch Irans, unter dem Deckmantel der zivilen Kernenergienutzung an die Technologie von Atombomben heranzukommen. Von den drei Pfeilern des NPT – Kampf gegen die Ausbreitung von Atomwaffen, Abrüstung, zivile Nutzung – ist es daher eindeutig der erste, der in New York gestärkt werden sollte.

* Aus Neue Zürcher Zeitung, 5. Mai 2010

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