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Ein Palästina für alle?

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Das Schlagwort von einem Palästina für Juden, Christen und Moslems macht unter den arabischen Regierungen immer weiter die Runde, von den am Nahostkonflikt interessierten ausländischen Mächten hat sich Spanien bereits auf diesen Lösungsversuch festgelegt, und in der ägyptischen Hauptstadt werden mit Aufmerksamkeit alle jene innerisraelischen Entwicklungen verfolgt, die auf die Beschäftigung eines — wenn auch noch kleinen — Teiles der Politiker und der öffentlichen Meinung Israels mit dem Projekt der Wiedervereinigung des gespaltenen Palästinas und der Rückkehr der arabischen Flüchtlinge und Emigranten hindeuten. Einer der prominentesten Palästina-Araber, der 75jährige Rechtsanwalt Al-Alamy, hat im Jänner sein nach dem Sechstagekrieg selbstgewähltes Exil in London verlassen und ist auf sein innerhalb der Waffenstillstandslinie von 1949 liegendes Landgut zurückgekehrt. Die Heimkehr des palästinensischen Führers, dessen Plantage wegen seiner guten Kontakte zu Alt-

präsident David Ben-Gurion wiederholt von Partisanen heimgesucht worden war, wurde von der offiziellen VAR-Nachrichtenagentur MENA groß herausgestellt, nicht kritisiert, und Alamy als fortschrittlicher, maßvoller Politiker gelobt. Parallel dazu liefen aus Jerusalem die ersten Berichte vom Eintreten der kleinen Mapam-Partei für die Souveränität der palästinensischen Araber und die Rückkehr aller Flüchtlinge ein. Wenig später erklärte König Hassan II. von Marokko, daß er der von Arafat geführten Palästinensischen Befreiungsorganisation (PLO) beachtliche Mittel unter der Voraussetzung zur Verfügung gestellt habe, daß das von der EI-Fatah — der stärksten Organisation in der PLO — angestrebte einige Palästina in gleicher Weise die Heimat für die eingesessenen Moslems und Christen wie für die eingewanderten Juden sein werde.

„Importierte Juden“

Das Zugeständnis einer jüdischen Präsenz in einem arabisch regierten

Palästina war schon im Dezember 1967 von einem Sprecher der Arabischen Liga offiziell abgegeben worden, der damit allen Behauptungen vom „ins Meer treiben“ entgegentrat, aber immerhin noch das unschöne Wort von den „importierten Juden“ gebrauchte, von denen nur die Alteinwanderer verbleiben dürften. In der Tat gibt es noch bis heute in allen arabischen Garantieerklärungen für die rund 2 Millionen Juden Israels keine Klarheit darüber, ob diese alle oder nur ein Teil von ihnen als Bürger des palästinensischen Einheitsstaates willkommen sein würden.

Daß es sich in den arabischen Plänen um einen solchen handeln soll, in dem Araber und Juden gleiche Rechte, aber keinerlei Autonomie oder Verwaltungstrennung besitzen würden, ging schon Anfang 1968 während der Ubergangsphase in der LPO von der Führung Schukeyris zu jener Arafats klar hervor. Auf israelischer , Seite wieder spielte man in manchen Kreisen mit dem Projekt, aus dem besetzten Gaza und Westjordanien einen arabischen Staat Palästina zu formen, der zu Israel in einem föderativen Verhältnis stehen und alle Flüchtlinge aufnehmen sollte. Die Araber haben solche Projekte eines „Satelliten-Palästina“ aber immer zurückgewiesen.

Die seit dem Al-Aksa-Brand erfolgte Überleitung der nationalen in religiöse Palästina-Fronten gibt nun Chancen für eine weitere Annäherung der Standpunkte. Die christenfreundliche arabische Propaganda, die sich vor allem in der Jerusalemfrage mit Ostkirchen, Vatikan und ökumenischem Rat • verbänden möchte, hat für die These, daß an die Stelle des unter nationalen Vorzeichen geführten Existenzkampfes zwischen Israelis und Arabern die Zusammenarbeit von Juden, Moslems und Christen in Palästina treten solle, weiten Anhang gefunden. Die für den Orient schon im Osmani-schen Reich bewährte Struktur nach Konfessionen, die sich im Libanon als einzige im Nahen Osten tragfähige Basis eines Mehrparteiensystems erwiesen hat, ist der einzige beiderseits akzeptable Modus, den allerdings die jüngste israelische Diskussion über die Trennung von mosaischer Religion und jüdischer Nation wieder umzustoßen droht.

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