EU-Parlament: mehr Macht, weniger Wähler

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Das Europäische Parlament bekommt sukzessive mehr Befugnisse übertragen und gewinnt im EU-Mächtedreieck (Rat-Kommission-Parlament) an Bedeutung. Gleichzeitig sinkt die Beteiligung an den EU-Wahlen. Max Haller, Soziologe an der Universität Graz, nennt das in einer Expertise einen "höchst problematischen, aber auch paradoxen Trend": Nahmen bei den ersten Wahlen 1979 europaweit noch 63 Prozent der Wahlberechtigten teil, so waren es im Jahr 2004 nur mehr 45 Prozent.

Besonders problematisch ist, dass der Rückgang vor allem bei den Jungwählern sehr stark war. Haller: "Zu Recht wurde der niedrige Anteil vor vier Jahren als besorgniserregend und als ein demokratiepolitisches Problem ersten Ranges bezeichnet."

Die Entwicklung der Wahlbeteiligung in den verschiedenen EU-Mitgliedsländern ist sehr unterschiedlich. Sie ging zwar in den meisten deutlich zurück (in Österreich von 67 auf 42 Prozent), es gibt jedoch auch Länder mit kontinuierlich hoher Wahlbeteiligung (Belgien, Luxemburg und Italien), aber auch einige, wo sie seit jeher sehr niedrig liegt (Dänemark und Großbritannien). In nahezu allen Ländern liegt die Beteiligung bei nationalen Wahlen weit höher als bei den Europawahlen.

Um mehr Wahlbeteiligung zu erreichen, denkt Haller über die Einführung einer Wahlpflicht "auf allen politischen Ebenen" nach. "Warum soll es im politischen Bereich nur Rechte, aber keine Pflichten geben?" Durch eine Wahlpflicht würden vor allem Bürger aus politisch weniger gut vertretenen sozialen Schichten sowie Jungwähler stärker einbezogen.

Ein weiterer Haller-Vorschlag für die EU lautet, das Instrument des Referendums viel stärker (auch als im Lissabon-Vertrag vorgesehen) zu nützen. Und schließlich empfiehlt der Soziologe, das Element der Persönlichkeitswahl zu verstärken: "Gerade dieses fehlt bei den Europawahlen weitgehend." Die Art und Weise, wie die Parteien in Österreich ihre Spitzenkandidaten aufstellen, macht Haller jedoch pessimistisch, denn dieses Prozedere "zeigt keinerlei Verbesserung im Vergleich zu früheren Wahlen". (wm)

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