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EUGENE CARSON BLAKE / ÖKUMENISCHER REALISMUS

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Ein Amerikaner wird der neue Generalsekretär des Weltkirchenrates sein: Eugene Carson Blake, llfacher Ehrendoktor, seit 15 Jahren Generalsekretär der Vereinigten Presbyteria- nischen Kirche in den USA, wurde mit überwältigender Mehrheit für dieses Amt gewählt. Die Wahl traf einen Man,nr der schon seit Jahren dem Weltkirchenrat, dem bekanntlich mehr als 200 protestantische, orthodoxe, anglikanische und andere nichtkatholische christliche Glaubensgemeinschaften angehören, in führenden Positionen wertvolle Dienste geleistet hat.

Die beiden offiziellen Beobachter der katholischen Kirche bei der in Genf zusammengetretenen Tagung des Zentralausschusses des Weltkirchenrates, Dominikanerpater Jerome Hamer und Jesuitenpater John Long, erklärten nach der Wahl des neuen Generalsekretärs: „Dr. Blake kann auf unsere Gebete und unsere aktive Sympathie zählen, da er das von Dr. Visser’t Hooft unternommene Werk fortzuführen und auszubauen gedenkt. Doktor Visser’t Hooft hat eine entscheidende Rolle in der Vorbereitung, Gründung und Fortentwicklung des ökumenischen Rates der Kirchen gespielt. Wir Katholiken wissen, daß wir mit Dr. Blake gleich redlich, gleich offen und gleich verständnisvoll Zusammenarbeiten können.” Der Präsident des römischen Einheitssekretariates, Kardinal Bea, sandte dem Nachfolger des Holländers Doktor Willem A. Visser’t Hooft, der nach achtjähriger Tätigkeit als Generalsekretär des Weltkirchenrates in den Ruhestand tritt, ein herzliches Glückwunschtelegramm und zugleich das „Versprechen weiterer brüderlicher Zusammenarbeit und die Versicherung unseres Gebetes”.

War der „Neue” von katholischer Seite herzlich begrüßt worden, so war ein Teil der Mitglieder des Zentralausschusses, der — neben anderen Aufgaben — auch den Generalsekretär zu wählen hat, anfangs eher skeptisch: Er sei kein Theologe, heißt es, und dies ausgerechnet in unserer Zeit, wo die weiteren Schwierigkeiten der Ökumene vor allem auf theologischem Gebiet liegen. Gewiß: Keines der 17 Ehrendoktorate wurde Blake für theologische Leistungen verliehen, und seine theologischen Studien liegen — um ihn selbst zu zitieren — „weit zurück”. Die angesehene deutsche Wochenzeitung „Christ und Welt” sieht darin keinen Widerspruch und bemerkt, daß es zwischen theologischer Wissenschaft und kirchlicher Organisation einen wichtigen Zwischenbereich gibt, der als „ökumenischer Realismus” bezeichnet werden kann, der also gerade heute für die Theorie der Ökumene Fundament und Maßstab sein muß. So verstanden, ist dann auch Blake Theologe, stellte er doch unmittelbar nach seiner Wahl fest, daß die Zukunft des ökumenischen Rates nicht mehr nach organisatorischen Maßstäben gemessen werden würde, sondern danach, wieweit wahrhaft inspirierte, theologisch fähige „Grenzführer” aus allen Kirchen gefunden würden und wieweit es ihnen ermöglicht werde, sich gegenseitig kennenzulernen und den Kirchen zu helfen, sichtbar die eine Kirche Jesu Christi zu werden.

Die amerikanische Öffentlichkeit kennt den heute 59jährigen als einen Kirchenführer, der wiederholt mit eindringlichen Erklärungen zur Beendigung des Rassenkonfliktes aufgefordert hat und auf kirchlichem Gebiet stets zu rascher Konkretisierung und Realisierung des ökumenischen Gedankens der christlichen Einheit drängt. In einer vielbeachteten Rede forderte Blake im Dezember 1960 die Kirchen seines Landes auf, sich zu einer „wahrhaft katholischen, wahrhaft reformierten und wahrhaft evangelischen Kirche” zusammenzuschließen, zu einem Kirchenbund, der etwa ein Drittel aller nicht römisch-katholischen Christen Amerikas endlich zusammenfassen würde.

Das Blake erteilte Mandat gilt zunächst bis zur nächsten Versammlung des Rates im Sommer 1968. „Blake” — um nochmals „Christ und Welt” zu zitieren — „wird sich als starker Mann am Übergang der ökumenischen Bewegung in eine neue Epoche erweisen, die in wichtigen Punkten unvergleichlich schwieriger sein wird als die vorangegangene.”

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