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Form geben für die Zukunft

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Um an eine bestehende Tradition anzuknüpfen, wurde der „Staatspreis für gute Form“ vergeben: Eine dreizehnköpfige Jury, die sich aus bekannten Designern, Architekten und Industriellen zusammensetzte, traf ihre Wahl unter einer Vielzahl von Exponaten, die bei der 4. Osterreichischen Produktschau im Design Centre des österreichischen Bauzentrums ausgestellt waren.Als Design oder „Industrial Design“ wird im internationalen Sprachgebrauch ein weitgespannter Aufgabenbereich bezeichnet, der sich nur unvollkommen mit den jeweils landesüblichen Begriffen — deutsch: Formgebung, italienisch: stile industria,russisch: „technische Ästhetik“ — beschreiben läßt.Eine Definition des Dachverbandes internationaler Designer, IC Sil), besagt: „Industrial Design ist eine schöpferische Tätigkeit mit dem Ziel, die formalen Qualitäten der von der Industrie zu produzierenden Objekte zu bestimmen. Diese formalen Qualitäten beschränken sich nicht nur auf die äußere Gestalt, sondern prinzipiell auf die strukturellen und funktionellen Beziehungen, durch die ein System in eine zusammenhängende Einheit verwandelt wird; dies vom Gesichtspunkt des Herstellers und des Benutzers.“

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Um an eine bestehende Tradition anzuknüpfen, wurde der „Staatspreis für gute Form“ vergeben: Eine dreizehnköpfige Jury, die sich aus bekannten Designern, Architekten und Industriellen zusammensetzte, traf ihre Wahl unter einer Vielzahl von Exponaten, die bei der 4. Osterreichischen Produktschau im Design Centre des österreichischen Bauzentrums ausgestellt waren.Als Design oder „Industrial Design“ wird im internationalen Sprachgebrauch ein weitgespannter Aufgabenbereich bezeichnet, der sich nur unvollkommen mit den jeweils landesüblichen Begriffen — deutsch: Formgebung, italienisch: stile industria,russisch: „technische Ästhetik“ — beschreiben läßt.Eine Definition des Dachverbandes internationaler Designer, IC Sil), besagt: „Industrial Design ist eine schöpferische Tätigkeit mit dem Ziel, die formalen Qualitäten der von der Industrie zu produzierenden Objekte zu bestimmen. Diese formalen Qualitäten beschränken sich nicht nur auf die äußere Gestalt, sondern prinzipiell auf die strukturellen und funktionellen Beziehungen, durch die ein System in eine zusammenhängende Einheit verwandelt wird; dies vom Gesichtspunkt des Herstellers und des Benutzers.“

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Die Einführung und Durchsetzung dieses analytischen Design -Gedankens vollzieht sich nur langsam, in progessiven Phasen. Zunächst war es eine kleine Gruppe von Architekten, EilJhauern und Malern, die sich in einer ersten, noch gar nicht null: einem Ziel begrenzten Phase mit dem Problem der industriellen Formgebung auseinandersetzte (zum Beispiel: Bauhaus 1919—1928). Derzeit gibt es etwa zweihundert Schulen — meist Akademien oder Hochschulen —, ?n denen Industrie-Designer ausgebildet werden. Um nur einige davon zu nennen: Akademie für angewandte Kunst, Wen: Hochschule für Gestaltung, Ulm; Korisffäck-skolan, Stockholm; Royal College of Art, London; Ecole Nationale Superieur des Arts Decoratif, Paris; Institute of Design of Illinois, Chicago; Akademie of Industrial Design, Eindhoven. Die Industrie aber bleibt dem Neuen, „Theoretischen“, wie sie es nennt, verschlossen. Die Bemühungen der „Missionare gipfeln im Wunschdenken. Allerdings verharrten die Formgebr viel zu lange in der unbehaglichen Bruderschaft mit der bildenden Kunst. Die völlig neue Situation, den raschen, unaufhaltsamen Fortschritt von der Handarbeit zur Maschinenproduktion, wollten sie selbst nicht wahrhaben. Mangelnde Entwurfserfahrung und fehlende Anerkennung bewirkten, daß sich die Designer — diese Bezeichnung war damals wohl noch nicht angebracht — jenen Arbeitsbereichen zuwandten, die einer kunsthandwerklichen Produktion unterstanden und bei der der Prototyp als fertiges Produkt gelten konnte.

Die im vergangenen Jahr im Design Centre von der Jury zur Beurteilung angenommenen Produkte sind zum großen Teil als individuelle Einheiten und nich; als integrierter Bestandteil eines umfassenden Bedarfssystems gestaltet. Die Ordnung zum klaglosen Funktionieren der Umwelt wind aber nicht durch Aneinanderreihen von beziehungslosen Teilen geschaffen, sondern entsteht aus der Erfahrung und aus der Suche nach neuen Systemen und zusammenhängenden Produktreihen.

Die Jury will „Industrial Design“ richtig verstanden sehen, die Qualitäten und Anforderungen, die erfüllt wenden sollen, sind jedoch nicht klar definiert. Hier liegt vielleicht das Übel der momentanen Verwirrung. Die Konstrukteure sehen richtig, daß technisch perfekte Produkte „Schönheit“ beinhalten können. Sie glauben, daß diese errungene Perfektion zur Anerkennung im alltäglichen Gebrauch genügt. Eine Entwicklung jedoch, die am Produkt des Vorjahres nur eine Verbesserung aufweist, also nur um eine Stufe weitergeht, stellt keinen Fortschritt dar. Wenn die gestellte Aufgabe technisch unlösbar erscheint, dann ist es notwendig, über die existierenden Kenntnisgrenzen weiterzufor-schen und auch formale Resultate, die die augenblickliche kulturelle Situation widerspiegelt, einzuplanen. Maschinen und Apparate der Jahrhundertwende, die man „geschmackvoll“ mit Zierat und gußeisernen Girlanden verschönte, wurden damals als angemessene ästhetische Lösung betnachtet.

Jedes Industrieerzeugnis basiert auf langer, sorgfältiger Überlegung und Planung. Bei strenger Beurteilung wird aber oft deutlich, wie sehr die endgültige, di wirklich ausgeführte Lösung auf Kompromissen beruht.

Gute Produkte sind Katalysatoren, die sich in die Industrieproduktion einfügen und neue Maßstäbe der Beurteilung aufstellen. Es wird nie möglich sein, Industrial Design in seiner ganzen Bedeutung zu erkennen, wenn es nur als verkaufsfördernder Zusatz industrieller Fertigung und nicht als wesentlicher Bestandteil zur Vervollkommnung der Produkte angesehen wird.

Das führt zu einer Auseinandersetzung mit den Entscheidungen der Jury.

Mit dem „Staatspreis für gute Form“ (läßt der Titel erkennen, daß nicht nur die Form bewertet wurde?) wurde der Geländewagen „Haflinger 700 AP“ der Firma Steyr-Daimler-Puch AG ausgezeichnet. Die Begründung für diese keineswegs erstaunliche Entscheidung lautete: „Das Fahrzeug entspricht in seiner Leistungsfähigkeit, im gewählten Material und der Qualität der Ausführung sowie der Gestaltung dem Zweck, für den es geschaffen wurde, in hervorragender Weise.“

Diese Entscheidung muß aber bei den Konstrukteuren und Herstellern des Geländewagens Unbehagen hervorrufen, denn bei fast allen Erzeugnissen der genannten Firma, seien es Mopeds, Motorräder, Traktoren oder Lastwagen, ist die Mitarbeit eines Designers spürbar, ja, sichtbar. Bei diesem Produkt aber, das ja „nur'' ein Nutzfahrzeug sein sollte, glaubte man, auf Styling verzichten zu können. Vorhandene Serienteile, Beschläge und Armaturen, eine stabile Karosserie (mit Anleihen bei Vorbildern), ein perfektes Fahrgestell und ein bewährter Motor machten es preiswürdig. Nicht wissen konnten die Konstrukteure, daß eine von Formen und Farben verwirrte und von Unzulänglichkeiten ermüdete Jury aufatmend ihre Wahl treffen würde.

Der vorbildlich ausgeführte Entwurf eines Mähdreschers wurde mit einem Ehrenpreis belohnt: Wie fruchtbar in diesem Fall die Zusammenarbeit der Designer und Techniker war, beweist die Präsentation und die Klarheit des technischen Aufbaues dieses in seinen Ausmaßen riesigen Gerätes beim Vergleich mit anderen Mähdreschern. Die Entscheidungen der Jury sind bemerkenswert, denn sie zeigt gerade durch ihre Wahl neue Wege für das österreichische Industrial Design auf.

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