
Frans Timmermans: Hass-Objekt und Heilsbringer
Europas oberster Klimaschützer – Frans Timmermans oder „Mr. Green Deal“– kehrt Brüssel den Rücken und in die Niederlande zurück. Sein Ziel ist klar gesteckt: Er will Premierminister werden. Ein Porträt.
Europas oberster Klimaschützer – Frans Timmermans oder „Mr. Green Deal“– kehrt Brüssel den Rücken und in die Niederlande zurück. Sein Ziel ist klar gesteckt: Er will Premierminister werden. Ein Porträt.
Frans Timmermans schaltet sofort auf Angriff. „Macht ist kein schmutziges Wort“, ruft er in den Saal, der ihn soeben mit Standing Ovations begrüßte. Einträchtig klatschen und jubeln sie ihm zu, die rot gekleideten Mitglieder seiner „Partij van de Arbeid“ (PvdA) und jene von „GroenLinks“ in ihren grünen Shirts.
An einem warmen Abend Ende August, knapp drei Monate vor den Neuwahlen zum niederländischen Parlament, präsentieren die beiden linken Parteien in Den Haag erstmals ihren gemeinsamen Spitzenkandidaten: den bisherigen Vizepräsidenten der EU-Kommission, bekannt als „Mr. Green Deal“.
Ego und Eitelkeit
Dass man dort, bei zwei mittelgroßen Oppositionsparteien, in diesem Spätsommer ganz offen von der Macht spricht und auch noch daran glaubt, hat im Wesentlichen mit diesem Mann zu tun. Seit er im Juli seinen Abschied aus Brüssel ankündigte, um in Den Haag Premierminister zu werden, ist das neue Linksbündnis in Umfragen deutlich gewachsen und liegt derzeit auf dem zweiten Platz. In den Niederlanden spricht man von einem „Timmermans-Effekt“.
Was der bewerkstelligen kann, zeigten die EU-Wahlen 2019: Damals gewannen die eigentlich seit Jahren kriselnden Sozialdemokraten aus heiterem Himmel mit dem früheren Außenminister ganz oben auf der Liste. Nach der Rückkehr des 62-Jährigen wurden jedoch auch umgehend Stimmen laut, die ihm ein vermeintlich übergroßes Ego und Eitelkeit vorwerfen. In der Dokumentation „The European“ (Dirk Jan Roeleven, 2016), die ihn porträtiert, nuanciert Timmermans dies: Wenn schon eitel, dann bezüglich seiner Ambitionen. Was einerseits für Menschen in politischen Spitzenämtern nichts Außergewöhnliches ist. Andererseits: Der Mann, der 2019 so gerne die Leitung der EU-Kommission übernommen hätte und zugunsten Ursula von der Leyens zurückstecken musste, hat schon sein ganzes Leben lang etwas zu beweisen.
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