Gegengewicht zunationalen Interessen

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Kommission und Parlament treiben die Europäische Integration und die Demokratisierung der Union voran.

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Kommission und Parlament treiben die Europäische Integration und die Demokratisierung der Union voran.

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Nach der erfolgreichen Vollendung wichtiger Integrationsschritte wie die Wirtschafts- und Währungsunion und der Binnenmarkt, gilt es nun, die EU durch weitere Reformen auf die bevorstehenden Herausforderungen vorzubereiten. Dazu zählen die Erweiterung der Union, aber auch das Vorhaben, die Europäische Union bürgernäher und demokratischer zu machen. Voraussetzung für das Erreichen dieser ehrgeizigen Ziele ist eine grundlegende Reform der EU-Institutionen und der Entscheidungsprozesse auf Unionsebene sowie eine Verbesserung der interinstitutionellen Zusammenarbeit.

Aufgrund ihrer Bedeutung für die Gemeinschaftspolitik - die Europäische Kommission ist das wichtigste Initiativ- und Exekutivorgan während das Europäische Parlament (EP) über weitgehende Legislativ- und Kontrollrechte verfügt - bilden diese beiden Institutionen das Gegengewicht zum Rat, der die Mitgliedstaaten auf Unionsebene repräsentiert. Sie sind somit die Garanten dafür, dass sich die EU-Politik trotz der notwendigen Berücksichtung einzelstaatlicher Interessen im Sinne der Europäischen Integration, im Interesse gemeinschaftlicher Ziele, entwickelt. Die Kommission hat daher die Aufwertung des EP, wie sie bereits im Vertrag von Amsterdam durch die Ausdehnung der Mitentscheidungsbefugnisse festgelegt ist, ausdrücklich begrüßt.

Der Vertrag von Nizza hat zwar durch die beschlossene Reform der Institutionen das Fundament für die Erweiterung gefestigt, ist aber insgesamt hinter den Erwartungen der Kommission und des EP zurückgeblieben. Dies betrifft vor allem die von der Kommission geforderte Ausweitung der Mehrheitsentscheidungen auf weitere zentrale Politikbereiche und die vom EP geforderte generelle Mitentscheidung bei Beschlüssen mit qualifizierter Mehrheit. Es ist erklärtes Ziel beider Institutionen, den Reformprozess der Union weiter voranzutreiben und zu vertiefen.

Ein weiteres Vorhaben, an dessen Verwirklichung Kommission und EP eng zusammenarbeiten, ist das Ziel, die Union bürgernäher zu gestalten. Das negative Ergebnis des Referendums von Irland hat deutlich gemacht, dass die EU ihre Bemühungen zur Einbindung der Bürger in die politischen Entscheidungsprozesse verstärken muss. Eine erste Analyse des Ergebnisses zeigt, dass das Votum der Iren nicht gegen die EU-Erweiterung gerichtet war. Neben rein nationalen Aspekten - die Sorge um die Neutralität - dürfte auch die mangelnde Transparenz bei der Beschlussfassung des Vertrages von Nizza eine wichtige Rolle gespielt haben. Kommissionspräsident Romano Prodi hat in seiner Rede vor dem EP am 13. Juni gefordert, dass es keine "anonymen Beratungen und Regierungskonferenzen hinter verschlossenen Türen mehr geben darf".

Der Post-Nizza-Prozess, der in eine neue Regierungskonferenz im Jahre 2004 münden soll, beweist, dass die EU auf die bestehenden Defizite hinsichtlich Transparenz und Bürgernähe reagiert hat. Kurz nach dem Gipfel von Nizza wurde eine breite öffentliche Debatte über die Zukunft Europas eingeleitet. In diese Debatte sind nicht nur die EU-Institutionen, sondern auch die nationalen Parlamente, die Nichtregierungsorganisationen, breite Kreise der Zivilgesellschaft und die Kandidatenländer eingebunden. Die Europäische Kommission befürwortet ebenso wie das EP die Einsetzung eines Konvents, in dem Vertreter der Mitgliedstaaten, gewählte Mitglieder der nationalen Parlamente und des EP sowie der Kommission die Revision der Verträge in Angriff nehmen.

Diese Initiativen zeigen, dass Kommission und Parlament Partner in dem Bemühen sind, die Europäische Integration und die Demokratisierung der Union voranzutreiben. Die Stärkung dieser beiden Institutionen sowie die weitere Optimierung ihrer Zusammenarbeit wird ein maßgeblicher Faktor für die Akzeptanz der Union durch die Bürger sein.

Der Autor ist Leiter der Vertretung der Europäischen Kommission in Österreich.

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