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Der Suchmaschinengigant Google kauft das Mobilfunkunternehmen Motorola. Damit rüsten Google und sein Android für die Abwehrschlacht gegen Apple.

Google wird eine Telefongesellschaft. Das ist der simple Kern des jüngsten Coups, den der Suchmaschinengigant gelandet hat, auch wenn das Unternehmen selbst dies vehement bestreitet. Für 12,5 Milliarden Dollar erwarb Google das Mobilfunk-Unternehmen Motorola Mobility. Der Preis liegt um fantastische 63 Prozent über dem letzten Schlusskurs der Motorola-Aktie.

Es ist der mit Abstand größte Deal, den das 13 Jahre alte Unternehmen aus Kalifornien bisher abgeschlossen hat. Warum aber zahlt ein Unternehmen, das mit Internetwerbung zur Weltmacht geworden ist, so viel Geld, nur um in einen Markt einzusteigen, von dem es kaum etwas versteht? Warum lässt sich die Firma, die aus der Kultur der flippigen Computerfreaks kommt, plötzlich auf die schwierige Aufgabe ein, Fabriken zu managen, in denen reale Produkte hergestellt werden?

Zunächst das Nächstliegende: Google vertreibt Android, ein Betriebssystem für intelligente Handys. Es ist ein offenes System, das jeder, der will, umsonst nutzen kann. Hersteller wie Samsung und Motorola nutzen es auf ihren Smartphones. Das Problem von Android ist jedoch, dass die Konkurrenten Microsoft und Apple Google mit einer Reihe von Patentklagen überzogen haben. Durch den Kauf von Motorola wird Google nun in den Besitz von Tausenden eigener Patente kommen, und die kann das Unternehmen zum Schutz von Android einsetzen. Es ist wie ein Arsenal, das, statt mit Waffen, mit Patenten gefüllt ist.

Nächste Fusionen als logischer Schritt

Googles Coup ist in erster Linie gegen Apple und das iPhone gerichtet. Das Unternehmen möchte in der Revolution der Internet-Kommunikation nicht abgehängt werden. Die logische Konsequenz wäre ein geschlossenes System nach dem Vorbild des iPhone. Deshalb ist ja auch Googles Versicherung, kein Handy-Unternehmen werden zu wollen, so unglaubwürdig. Der logische nächste Schritt auf dem Markt wäre eine weitere Fusion: Spekulanten rechnen fest damit, dass Microsoft den finnischen Hersteller und Siemens-Partner Nokia übernehmen wird. Nokia hat, ähnlich wie Motorola, bisher noch keine Antwort auf das iPhone gefunden, wäre also ein idealer Übernahmekandidat. Am Montag trieben die entsprechenden Gerüchte den Aktienkurs von Nokia um zehn Prozent. Auch Blackberry-Hersteller RIM könnte ins Microsoft-Reich aufgenommen werden.

Weitere Überraschungen könnten folgen

Die Verbraucher müssen sich jedenfalls darauf einstellen, dass die Welt der Smartphones bald wesentlich anders aussehen wird als die der gewöhnlichen Handys. Viele vertraute Firmennamen werden verschwinden, stattdessen gibt es drei oder vier mächtige, globale Oligopolisten, die das Telefon vom Design über die Software bis zur Vermarktungsstrategie komplett beherrschen. Die Zukunft ist dabei vermutlich besser als der Ist-Zustand, in dem Apple auf seine Kultgeräte praktisch jeden Monopolaufschlag erheben kann, der ihm beliebt. Trotzdem: Es wird künftig sehr viel Macht in diesem Markt sein.

Ohnehin werden die Wettbewerbsbehörden in den USA und Europa den Google-Deal noch genau untersuchen. Derzeit wird in den Vereinigten Staaten gegen den Konzern wegen des Verdachts ermittelt, er manipuliere Suchergebnisse im Interesse von Anzeigenkunden. Es gilt trotzdem als eher unwahrscheinlich, dass die Behörden den Deal untersagen, vor allem wegen der überragenden Stellung von Apple. Aber bei dem gegenwärtigen Tempo der Veränderung ist niemand vor Überraschungen sicher.

* Von Nikolaus Piper, Süddeutsche Zeitung, 17. August 2011

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