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Gute Chancen für Wilhelm

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Die Stadt Krems an der Donau, die ungekrönte Kuiturmetropole Niederösterreichs, bereitet sich auf einen entscheidenden Tag vor: Am 1. Oktober wird in der drittgrößten Stadt des Landes unter der Enns der Gemeinderat gewählt. Von Testwahlen für das Kabinett Klaus II oder für die seit knapp einem Jahr im Amt befindliche Landesregierung unter Ök.-Rat Maurer kann keine Rede sein. Krems ist in vieler Hinsicht eine „Republik“ für sich, deren Bürgermeister die starren Parteifronten durchbrochen hat, der, von manchen bewundert, von manchen mit Mißtrauen beobachtet, völlig neue Wege in der Kommunalpolitik gegangen ist.

Ein weites Spektrum

Seit zwölf Jahren, genau seit dem Tag des Staatsvertrages, regiert der heute 54jährige Teppichfaforikant — 1100 Beschäftigte — die 23.000 Einwohner der Wachaustadt. Seine politische Plattform äst nicht eine Partei, sondern die sogenannte ÖVP-Wahl-gemeinschaft, eine Namensliste, die ein sehr weites Spektrum aufweist. Von weit links bis ganz rechts scheinen hier Kremser Bürger auf, die gewillt sind, das Programm Dr. Wilhelms zu verwirklichen. Ein Programm, das bemerkenswerterweise auf das soziale Engagement größten Wert legt. Nur so kann man es verstehen, daß es in einer Stadt, die einst eine respektable linke Mehrheit hatte, kaum eine Gefahr für die Wahlgemeinschaft gibt. Sie verfügt mit 24 Mandaten über die absolute Mehrheit im Rathausparlament, die SPÖ hat 13 Sitze, die KPÖ nur drei. Die Freiheitlichen sind in der Wahlgemeinschaft integriert und auch viele Sozialisten — vergleicht man dazu die Landtags- oder Nationalratswahlen — stimmen beim Urnengang in der Stadtgemeinde geradezu traditionell für Dr. Wilhelm.

Der Sprung von der Wachau-zur „Weltstadt“ gelang Krems mit den großen Kulturausstellungen, obwohl vom einheimischen Publikum die Weinausstellung sicher ebenso geschätzt wird. „Mir persönlich war es immer klar, daß die kulturellen Schätze der Stadt gehoben werden müssen“, erklärte Bürgermeister Dr. Wilhelm. „Als 1959 die Ausstellung Gotik in Niederösterreich zur Diskussion stand, war es sehr schwer, sich gegen die Widerstände durchzusetzen. Immerhin kostet eine solche Ausstellung zwischen drei und fünf Millionen Schilling. Ich habe mich damals persönlich für eine Million Schilling verbürgt.“

Nun, die Kremser Kunstausstellungen, die internationalen Ruf erlangten, sind heute auch ein großer finanzieller Erfolg für die Stadtgemeinde, abgesehen davon, daß von ihnen auch bedeutende Impulse für den Fremdenverkehr ausgehen.

Natürlich hat man auch hier schon wieder Pläne für die Zukunft: die alte gotische Dominikanerkirche — heute ist darin die Feuerwehr-zentrale untergebracht — soll zur Gänze freigelegt und darin, nach den Worten Dr. Wilhelms, „das schönste Stadtmuseum Österreichs“ errichtet werden.

Kandidaten aus allen Schichten

Dr. Wilhelm, der sich gegen die „zementierten Parteiformen“ auf Gemeindeebene ausspricht, hat ein eigenes Prinzip der Kandidatenauslese entwickelt. Er will „alle

Bevölkerungskreise und Sozialstrukturen“ einschließen. Männer, von denen man sagt, daß sie engen Kontakt mit der SPÖ hatten, findet man auf seiner Kandidatenliste ebenso wie Anhänger des rechten Lagers, das in Krems einst relativ stark war. Für den Posten des Vizebürgermeisters kandidiert — als Nachfolger des bereits 70jährigen Füchsl — Magistratsdirektor Dr. Thorwesten: Ein Mann mit Beamtenlaufibalhn, der ein paar Jahre während der NS-Zeit Bürgermeister der Donaustadt war (die Funktion entspricht dem heutigen Vizebürgermeister, da es damals auf Grund der deutschen Gemeindeordnung den „Oberbürgermeister“ gab). Dr. Thorwesten erklärt dazu: „Man brauchte einen Juristen.“ Ob damit einem „Mann mit Vergangenheit“ im Zuge der „Verjüngung“ allerdings ein guter Dienst erwiesen wurde, bleibe zunächst dahingestellt.

Neue Gesichter

Bemerkenswert viele neue und junge Gesichter gibt es auf der Kandidatenliste der Wahlgemeinschaft, aber auch bei den Sozialisten, die es bei Gemeinderatswahlen in Krems besonders schwer haben. Raumplanung, Vollbeschäftigung und Wohnungsbau nehmen in ihrem Programm breiten Raum ein. Ob sie den Status quo zu ändern vermögen? Ein bißchen vom Wählerkuchen wird möglicherweise auch der Olah-Mann picken, der im Gemeinderat den Sozialisten untreu wurde. Die Kommunisten haben trotz der nicht unbedeutenden Industrie zu strampeln, um nicht ein Mandat zu verlieren.

Wenn nicht alles trügt, wird Doktor Wilhelm, der in manchem ein bißchen an de Gaulle erinnert, wieder mit einer so starken Mehrheit hervorgehen, die er sich für sein Mandat wünscht...

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