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Heiße Libanon-Grenze

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Als seinerzeit der frühere israelische Stabschef und Sechstagekrieg-Sieger Yitzchak Rabin gefragt wurde, was er unternehmen würde, wenn der Libanon gegen Israel in den Kampf zöge, erwiderte er: „Ich werde unsere Militärkapelle hinschicken, um Beirut einzunehmen.“

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Als seinerzeit der frühere israelische Stabschef und Sechstagekrieg-Sieger Yitzchak Rabin gefragt wurde, was er unternehmen würde, wenn der Libanon gegen Israel in den Kampf zöge, erwiderte er: „Ich werde unsere Militärkapelle hinschicken, um Beirut einzunehmen.“

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In der Zwischenzeit hat sich einiges geändert. Der Staat Libanon verhält sich zwar weiterhin indifferent gegenüber Israel, die Terrororganisationen jedoch haben sich im Süden mehr oder weniger selbständig gemacht. Anstelle der kleinen Ecke im Nordosten (Hermon- und Chatz-banigebiet) machen sie heute die ganze israelische Nordgrenze unsicher. Vor einigen Wochen wurde in Kairo ein Abkommen zwischen dem Libanon und den Vertretern von zehn Terrororganisationen unterzeichnet. Der damalige Stabschef, General Emile Bustani, unterschrieb im Namen des Libanon und Jasser Arafat für die Freischärlergruppen. Laut diesem Abkommen erhalten die Terrororganisationen die Möglichkeit, außerhalb der Flüchtlingslager ihre Leute auszubilden. Sie bekamen mehr Bewegungsfreiheit im Südosten des Landes (Hermongebiet) und verpflichteten sich, eine Zeitlang still zu halten, um die gespannte Situation mit Israel abkühlen zu lassen. Außerdem verzichteten sie darauf, auf offener Straße und in Städten Waffen zu tragen. Innerhalb der Flüchtlingslager wurde ihnen das Schießen verboten; dort werden auch keine Militärübungen mehr gestattet. Heute befinden sich diese Flüchtlingslager wieder völlig unter libanesischer Kontrolle. Die Terroristen verzichteten sogar auf öffentliche Geldsammlungen und insbesondere auf Erpressungen von Geldern mit Hilfe von Waffen. Im allgemeinen hielten sie ihre Verpflichtungen ein.

Was sich im Süden des Landes abspielt, merkt man in Beirut und anderen Städten kaum. Es ist dies eine ziemlich karge Region, dünn besiedelt, mit einer ärmlichen, zurückgebliebenen Bevölkerung, die nur teilweise mit den Freischärlern sympathisiert.

Die libanesischen Bauern an der Grenze unterhielten bisher mit ihren jüdischen Nachbarn die besten Beziehungen. Man tauschte Ratschläge aus, und wenn einige Esel oder eine Schafherde die Grenze übertraten, wurden sie prompt zurückgebracht. Gab es im Libanon nicht genug Kunstdünger, so borgte man ihn von den jüdischen Nachbarn im Süden. Diese guten Beziehungen waren schon jahrelang ein Dorn in den Augen der Syrier. Sie ließen nichts unversucht, um die nachbarlichen Verhältnisse zu trüben. Wenn es nicht anders ging, so schickten sie ihre eigenen Leute, die El-Saikia-Terrororganisation. Diese erhält ihre Instruktionen von der syrischen Armee. Ein Teil der Grenzbauern bekam es mit der Angst zu tun und verließ fluchtartig die Dörfer. Die Terroristen trugen auch ihren Teil dazu bei, indem sie sich des öfteren in Bauernhäuser einquartierten, ohne Erlaubnis der Besitzer. Nach dem altbekannten Motto: „Willst du nicht mein Bruder sein, so schlag' ich dir den Schädel ein.“ Heute werden die israelischen Felder zwar noch bis zur Grenze hin bearbeitet, doch nur unter schärfster Bewachung. Und Sm Hermongebirge schützen MG's die Skifahrer.

Israels UNO-Vertreter Joseph Thekoa beklagte sich dieser Tage beim UNO-Generalsekretär U-Thant über die Situation an der libanesischen Grenze. Er erklärte, daß der Staat Israel nicht mehr tatenlos zuschauen könne, wie sich die Übertritte von Tag zu Tag mehren. Siedlungen, die sich direkt an der Grenze befinden, werden vom libanesischen Territorium aus mit Bazooka-Raketen beschossen. Die weiter entfernten Dörfer werden durch Infiltranten heimgesucht, die zumeist Minen und Sprengstoff anbringen, um Wohnhäuser in die Luft zu sprengen.

Wie lange noch?

Das libanesische Militär bleibt weiterhin auf seinem Posten, ohne sich einzumischen, so als ob die Grenzschießereien überhaupt nichts mit dem Libanon zu tun hätten. Frau Golda Meir berief in dieser Woche die Diplomaten der befreundeten Staaten, erläuterte ihnen, daß die Situation nicht so weiter gehen könne, und bat sie, die Warnung an den Libanon weiterzugeben. Bisher allerdings ohne Erfolg. Die Verbitterung der israelischen Grenzsiedler wird immer größer. Statt guter Worte fordern sie Taten, denn die Infiltranten richten nicht nur Schaden an, sondern machen das Leben in den Grenzregionen auch zur Hölle. Zur Zeit kontrolliert das libanesische Militär ziemlich leger die Grenzstraßen, während sich die Terroristen so benehmen, als ob sie bereits einen Staat im Staate bildeten, und sich nur wenig um diese Kontrollen kümmern. Man nimmt an, daß Israels Gegenaktion bisher aus politischen Gründen verschoben wurde. Die israelische Presse ließ durchblicken, daß diese auf Wunsch des amerikanischen Botschafters in der letzten Minute abgeblasen wurde. Die Frage ist nur, für wie lange?

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