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Hemmende Pflichtenkollision

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Es wäre jedoch eine zu billige Erklärung, wollte man den Grund für das Mißlingen des Durchbruches der ÖVP in Richtung auf das dreizehnte Mandat nur in der sozialistischen Pietät suchen. Nach geschlagener Wahlsohlaoht v/erden die Fehler erst richtig erkennbar: Es' erweist sich als ein Nachteil der Kärntner Volkspartei, daß ihre erste Garnitur teils in der Regierung, wie der Landes-parteiobmann, teils im Nationalrat engagiert ist. Den Aufgaben auf der Bundesebene und im Land voll nachzukommen, stellt sich als unmöglich heraus. Bei Pfliehtenkolli-sionen wird, was wohl natürlich ist, der von der ranghöheren Tätigkeit bestimmte Zweig den Vorrang haben. Das hat zur Folge, daß der Wahlkampf im wesentlichen von der „zweiten Garnitur“, Männern, die in der Landespolitik Erfahrung hatten und solchen, die sich zur Sammlung von Erfahrungen anschicken, geplant und geführt wurde. Die fehlende ständige Anwesenheit, die straffe Zügelführung durch eine Hand konnte durch den Einsatz im Wahlkampf selbst nicht mehr wettgemacht werden. Der Spitzenkandidat der Volkspartei, Landeshauptmannstellvertreter Truppe, wurde im Vergleich zu seinem Gegenspieler Sima viel zu spät „aufgebaut“. Fehlte es bei den Sozialisten an Persönlichkeiten schlechthin, hat man es bei der Volkspartei versäumt, den Kreis der Männer, der für eine Aufgabe vorgesehen war, frühzeitig bekanntzumachen. So wurde der Wahlkampf eine Auseinandersetzung zwischen zwei Parteiapparaten. Der sozialistische funktionierte um einige Umdrehungen besser. So fällt es auf, daß die Volkspartei in den Städten, in Klagenfurt und in Villach beispielsweise, Erfolge buchen konnten. Hier kam ihre Propaganda an. Nicht traf dies auf jene Bezirke zu, wo der Kontakt zum Wähler nicht mit der erforderlichen Intensität gepflegt wurde, wo der sozialistische Funktionär der rührigere, der pfiffigere war, der es verstanden hat, seinen Wähler bei der Hand zu nehmen und zum Wahllokal zu führen.

Es fällt nachträglich auf, daß in der Wahlwerbumg wenig über eine möglichst intensive Wahlbeteiligung — es herrschte kein Wahlzwang — geredet wurde. Das wäre um so notwendiger gewesen, als es bekannt ist, daß gerade die Wahldisziplin der nichtsozialistischen Wähler erfahrungsgemäß nicht straff ist.

Es gibt nicht wenige Stimmen, die die Stimmengewinne der Sozialisten und die nicht geringe Zahl der Wahlenthaltungen auch damit begründen, daß der scharf geführte Wahlkampf der Volkspartei in keinem Verhältnis zu der Ruhe stehe, die sie während der Legislaturperiode ausstrahlte. Andere halten ihr vor, es sei ihr nicht gelungen, sich mit den christlichen Slowenen zu arrangieren. Wieder andere finden, die Volkspartei habe zum Teil aus Rücksicht auf nationalliberale Elemente in ihren eigenen Reihen den Wahlkampf gegen die Freiheitlichen mit Glacehandschuhen geführt. Diese Meinungen haben viel für sich.

Sioher ist, daß diese Wahlen am Schreibtisch geplant, in zahllosen Sitzungen erörtert und beraten wurden. Entschieden wurden sie von Imponderabilien, von Unwägbaren. Sicher ist auch, daß damit die Entscheidung in Kärnten nur aufgeschoben und die Wahlen am 14. März kein letztes Wort in der Entwicklung des Landes bedeuten. Der Abnützungsprozeß der Sozialistischen Partei geht in einem Land, in dem es seit zwanzig Jahren seine Positionen ausbauen konnte, eben langsamer vor sioh.

Die im Interesse des Landes liegende, dringend notwendige Zusammenarbeit zwischen den Parteien wird durch den Wahlausgang nicht gefördert. Wedenigs Nachfolger sagt man nach, er sei ein Mann „härterer Gangart“. Prallt Härte auf Härte, dann kann mit langwierigen Regierungsverhandlungen gerechnet werden. Den ersten Akt haben die Sozialisten gesetzt: Wedenig hat das bisher von Ing. Truppe mit großem Erfolg betreute Straßenbaureferat an sich gezogen. Eine rechtlich sehr fragliche Maßnahme, mit der er offensichtlich seinem Erben Sima einen Trumpf in die Hände spielen wollte. Für die führenden Männer der Volkspartei eröffnet sich eine Periode harter Bewährung, denn es steht zu erwarten, daß das Zusammenspiel zwischen den Sozialisten und dem einzigen Kommunisten im Landtag seine verschärfte Fortsetzung finden wird.

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