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Herbstwahlen mit Testeffekt

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Niederösterreich und Vorarlberg wählen am 19. Oktober ihre Mandatare in die Landtage, in Salzburg finden zum selben Zeitpunkt die Gemeinidewalhlen statt. Die Parteien fiebern dem Ergebnis mit Spannung entgegen: Mit 1,25 Millionen Wahlberechtigten werden am Sonntag nahezu 25 Prozent der Personen zui Wahl aufgerufen, die am 1. März 1970 über die Zusammensetzung des Nationalrates entscheiden sollen.

ÖVP-Generalsekretär Dr. Withalm bezeichnete den Urnenigang vom 19. Oktober als „die schwerwiegendste Entscheidung für ganz Österreich vor dem 1. März 1970" und hofft darauf, den Trend, der auch noch klar bei den Wiener Wahlen gegen die ÖVP sprach, zu stoppen.

Tauziehen in Salzburg

In 115 von insgesamt 119 Landgemeinden Salzburgs werden von 155.781 Wahlberechtigten 1746 Gemeindevertreter gewählt. Die derzeitige Mandatsverteilung sieht die ÖVP mit 976 Mandaten und 91 Gemeinden, in denen sie die Bürgermeister stellt, noch in Front. Nur 22 Bürgermeister gehören der SPÖ an, obwohl sie 585 Gemeindemandate besitzt; die Freiheitlichen und eine Heimatliste konnten nach der letzten Wahl jeweils einen Bürgermeister stellen, wobei es die FPÖ auf 158 und die Heimatliste auf 21 Mandate brachte. 3 Mandate sind noch im Besitz der Kommunisten.

Die Landesparteileitung der ÖVP bezeichnete es als ihr Wahlziel, daß den schweren Angriffen der SPÖ und der FPÖ standgehalten werden kann und hofft auch insgeheim darauf, „in einigen Gemeinden die bei der letzten Wahl von der SPÖ erreichte Mehrheit wieder zurückzugewinnen“. Ein Wunsch, der nach der letzten Landtagswahl in diesem Bundesland nicht ganz der politischen Realität Rechnung trägt

Föderalismus gewahrt

Ein wesentliches Spainnungsmoment geht bei den Vorarlberger Landtagswahlen von dem bald 15 Jahre lang und noch heute umstrittenen Autobahnproblem im Raum Bregenz aus. Es vergeht kaum eine Wählerversammlung, ohne daß nicht dieses Problem angeschnitten würde, und in manchen Versammlungen wird über andere Landesprobleme nur am Rande gesprochen. Vor allem sind es die Minderheitsparteien, die mit der Unzufriedenheit der Wähler im Raume Lochau—Bregenz—Hard mit der Entscheidung durch die ÖVP zugunsten einer „Unterflurlösung“ rechnen.

Von den 36 für den Landtag zu vergebenden Mandaten hat die ÖVP im Jahre 1964 20, die SPÖ 10 und die FPÖ 6 erhalten. Die 153.122 Wahlberechtigten, bemerkenswerterweise 82.573 Frauen und nur 70.549 Männer, sollen nun am 19. Oktober eine neuerliche Entscheidung in den vier Wahlkreisen treffen. Beide Minderheitsparteien im Landtag haben sich die Brechung der absoluten Mehrheit der ÖVP zum Ziel gesetzt. Diese erhoffen sie zwar noch nicht beim Urnengang am 19. Oktober, glauben aber auf längere Sicht dieses Ziel erreichen zu können.

Die FPÖ ist offensichtlich bestrebt,

frühere Wählerschichten des in Vorarlberg ehemals sehr stark gewesenen „Verbandes der Unabhängigen“ zu mobilisieren. Wenn ihr dies tatsächlich gelingt, ist ein Mandatsgewinn im Bereich der Möglichkeiten. Selbst die Wahlordnung steht im Mittelpunkt des Wahlkampfes im westlichsten Bundesland. Es gibt nämlich kein zweites Ermittlungsverfahren, und deshalb fühlen sich die Minderheitsparteien durch den Verlust ihrer Reststimmen benachteiligt. Die ÖVP verteidigt dieses Wahlverfahren unter anderem mit dem Hinweis, daß ihr als der am stärksten mit Verantwortung belasteten Partei ein gewisser Ausgleich zu den damit verbundenen Abnützungserscheinungen gebührt.

Niederösterreich entscheidet

Nur in Niederösterreich wurde anläßlich der Landtagswahl am 19. Oktober die „rote Katze aus dem Sack gelassen“. Groß propagiert die ÖVP die Entscheidung Niederösterreichs für Österreich. Und Österreich, so heißt es in unzähligen Wahlaufrufen weiter, „darf nicht rot werden“.

In der Landespolitik stehen sich das „Leitbild“ der ÖVP und der „Nö-Plan“ der SPÖ als Konzepte für die Zukunft gegenüber und werden als Grundlage für die Arbeit der nächsten Legislaturperiode angesehen. Tatsächlich weisen beide Programme große Ähnlichkeiten auf, wobei aber beide Parteien ihre „Vertretungsdomänen“ besonders hervorheben und den Gegner in diesen Fragen zu fordern versuchen.

Neben dieser Auseinandersetzung wind zudem noch versucht, vom Gegner in der Öffentlichkeit ein möglichst verzerrtes Bild zu zeichnen. Während die ÖVP den Hinauswurf Olahs aus dem Wiener Gemeinderat zum Anlaß nimmt, die „rote Willkür“ aufzuzeigen und mit ihr abzurechnen, wärmen die Sozialisten die Vorgänge um Müllner wieder auf und hoffen den Angstwahlkampf der Volkspartei so zu kompensieren.

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