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Hodisdiulbarometer
Am 25. Jänner werden Österreichs Studenten ihre Standesvertretung wählen. Es werden Wahlen ohne Spannung, ohne besondere Akzente sein, Wahlen, denen ein bemerkenswert ruhiger Wahlkampf vorausgegangen ist. Die allgemein verbreitete Meinung, am Kräfteverhältnis der drei im Zentralausschuß vertretenen Fraktionen würde auch ein temperamentvoll geführter Wahlkampf nichts ändern, lähmte jeden Aktivitätsdrang.
Mit Ruhe sieht der Wahlblock, auf den 1965 57 Prozent der Stimmen entfielen, dem 25. Jänner entgegen. Seine absolute Mehrheit erscheint ungefährdet. Die Mehrheit der Studentenschaft ist offenbar grundsätzlich mit der administrativen Tätigkeit der Wahlblockmandatare zufrieden, und einige „zornige junge Männer“ geben manchen Gliederungen des Wahlblockes ein interessantes, neues Profil; die neue Linie der Monatsschrift des ÖCV, „Academia“, ist dafür ein Beweis. Aber die Sicherheit, in der sich der Wahlblock nicht unbegründet wiegt, ist eine der Ursachen dafür, daß dem politischen Leben an den Hochschulen das Salz geistiger Auseinandersetzungen fehlt. Der Mangel an Konkurrenz, an einem annähernd kongenialen Partner, bedeutet den Mangel an Dialog. Sattheit und Sicherheit lassen oft den Eindruck entstehen, als würden die österreichischen Studenten fernab von den großen geistigen Auseinandersetzungen dahinleben.
Der Ring Freiheitlicher Studenten (RFS, 28 Prozent) kann erwarten, daß sich wieder etwa jeder dritte oder vierte österreichische Student für seine Listen entscheidet — und das, obwohl der RFS zwischen den Wahlkämpfen fast nicht in Erscheinung tritt. Es wäre ein Trugschluß, in allen RFS-Wählern radikale Deutschnationale und potentielle Rechtsextremisten zu sehen. Ein sehr hoher Prozentsatz wählt den RFS nicht wegen, sondern trotz dessen deutschnationaler Programmatik, als
„bürgerliche“ Alternative zum Wahl-blook.
Im Gegensatz zum RFS ist es dem Verband Sozialistischer Studenten (VSSTÖ, 12 Prozent) bisher nicht gelungen, das latente Unbehagen mit der absoluten Wahlblockmehrheit für sich zu kanalisieren. Der VSSTÖ hat sich bisher viel zusehr mit jedem Zug der SPÖ-Politik identifiziert, um für Wähler, die keine engagierten Sozialisten sind, die aber dennoch einem unabhängiger agierenden VSSTÖ wählen würden, attraktiv zu sein. Auch haben sich die sozialistischen Studenten in der Vergangenheit viel mehr mit der Auseinandersetzung zwischen rechtem und linkem Flügel beschäftigt (gegenwärtig liegt der linke an der Spitze), als mit der Gewinnung neuer Wähler.
Zwei neue, interessante Gruppen werben um die Stimmen der Studenten. Die aktion, die in Graz und Leoben kandidiert, ist eine Abspaltung vom Wahlblock. Die Zahl der Stimmen, die dieser an die aktion verliert, wird das Ausmaß der Unzufriedenheit mit dem Wahlblock anzeigen. Die Arbeitsgemeinschaft fortschrittlicher Studenten, die Olahs DFP nahesteht, weist auf ihrer Kandidatenliste keinen einzigen Namen eines ehemaligen Sozialisten auf. Deshalb dürfte das Auftreten des Phänomens Olah auf dem Hochschulboden mehr dem RFS als dem VSSTÖ zu schaffen machen. Aber weder von der aktion, noch von der Olah-Gruppe wird man mehr als einen Achtungserfolg erwarten können.
1946, als die österreichischen Studenten zum erstenmal in der Zweiten Republik ihre Standesvertretung wählten, waren die Hochschulen Stätte einer geistigen Neuorientierung. Eine neue Studentengeneration begann, neue Wege zu gehen. 1967 wird den Hochschulwahlen nicht nur von der Öffentlichkeit, sondern auch von den Studenten nur wenig Interesse gewidmet. Die Saturiertheit hat die Ruhe zur ersten Studentenpflicht gemacht
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