Identitäre - © Foto: picturedesk.com / ALEX HALADA

Identitäre an der Grenze zu Ungarn: Rechts leuchten im Kukuruz

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Im Windschatten der Corona-Krise profitiert das rechtsnationale Lager. An der Grenze zu Ungarn patrouilliert die Identitäre Bewegung. Eine nicht unwesentliche Rolle bei der Mobilisierung der Szene spielt die FPÖ.

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Im Windschatten der Corona-Krise profitiert das rechtsnationale Lager. An der Grenze zu Ungarn patrouilliert die Identitäre Bewegung. Eine nicht unwesentliche Rolle bei der Mobilisierung der Szene spielt die FPÖ.

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Er hat sie alle auf Lager, die Schlagworte, die es braucht, um sein Publikum zufriedenzustellen: den „Bevölkerungsaustausch“, der schon längst vollzogen sei, die „Systemmedien“, die gewisse Bilder nicht zeigen würden, den „hysterischen Haufen“ an Gegendemonstranten hinter der Polizeiabsperrung. Peter Aschauer steht auf der Ladefläche eines Kleinlasters, vor ihm ein Podium der Freiheitlichen Jugend Burgenland, der Jugendorganisation der FPÖ. Der Kleinlaster wiederum steht direkt an der Grenzstation zu Ungarn. Und um ihn herum: rund 100 Personen, viele rot-weiß-rote Fahnen, Männer mit Schlauchschals bis weit über die Nasen, Burschen mit Militärrucksäcken, „Aufwachen“-Sticker, Masken mit dem Querdenker-Slogan „Maulkorb-Demokratie“ und Sportjacken. Es ist ein grauer, feuchter Tag. Aber die Regenschirme, die haben die Jungs mit den Schlauchschals nicht wegen der Witterung mit. Die haben sie, um Fotografen abzudrängen. „Die sind Antifa, die sind keine Journalisten“, urteilt einer der Burschen mit Schirm. Und das sind noch die freundlicheren Worte, die er auf Lager hat.

„Nie wieder 2015“

Da steht also die Demo an der Grenze, etwas entfernt eine Gegendemo, dazwischen Polizei. Rund herum: Acker, Wälder und eine verwaiste Grenzstation zwischen Schengen-Staaten, in die ein Fitnesscenter eingezogen ist. Einst verlief hier der eiserne Vorhang. Und heute: Es patrouillieren Militär sowie Polizei mit dem Auftrag, Menschenschmuggel zu stoppen. Seit kurzem marschieren hier aber auch Zivilisten, die ihre Aktivitäten an der Grenze „Grenzgang“ nennen. Die rechtsextreme Identitäre Bewegung mobilisiert dazu. Motto: Nie wieder 2015.

Tatsächlich tut sich etwas an dieser Grenze. Die prozentuellen Zuwachsraten bei den Aufgriffen sind enorm – allerdings gegenüber dem Vorjahr, in dem praktisch nichts los war hier. Heuer gab es bisher ungefähr 30.000 Aufgriffe nicht registrierter Grenzübertreter, vor allem entlang der östlichen und südlichen Grenzen Österreichs. Damit liegt man in etwa auf dem Stand von 2014. Und wie Analysen der Lage nahelegen, handelt es sich bei denen, die jetzt kommen, hauptsächlich um Personen, die seit Jahren in Bosnien oder auch Serbien gestrandet waren. Eine neue Massenflucht ist das demnach nicht.

Zur Mobilisierung aber reicht das allemal. „Was soll illegal daran sein, wenn Leute in der Nacht den Kukuruz anleuchten“, fragt Peter Aschauer vor dem Rednerpult stehend in die Runde – und erhält Beifall. An sich hat die FPÖ auf Bundesebene die Position, mit der Identitären Bewegung keine Berührungspunkte zu haben. Hier an der Grenze allerdings verschwimmen sie, diese Grenzen. Nach Aschauer tritt schließlich auch ein Grenzspaziergänger ans Rednerpult: ein junger Mann mit roter Bomberjacke. Von Migranten, die scharenweise über die Grenze kämen, spricht er. Aber ein Konvoi von über 20 Autos, der sich „in Richtung Grenze bewegt, das ist ein Bild das sich einprägt“, sagt er. Er meint die Grenzspaziergänger. „Damit kann man arbeiten, das ist ausbaufähig.“ Das Bild, das dabei auch der Grenzgänger vor dem Rednerpult bedient: In der Dunkelheit spielende Dorfkinder, Mädchen, die es vor anstürmenden Horden zu beschützen gelte.

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