In der Tradition der Eintracht

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Wenn Josif nicht am Computer sitzt, dann spielt er am liebsten mit der Hündin Lora. Mit acht weiteren Kindern wohnt der Zwölfjährige in einer betreuten Wohngemeinschaft in Ljulin, einem Außenbezirk der bulgarischen Hauptstadt Sofia. "Als er zu uns kam, konnte er kaum sprechen", erzählt Dilyana Gyurova, die Leiterin des Concordia-Zentrums in Sofia, die immer wieder völlig verwahrloste Kinder aufnimmt. Die familiäre Atmosphäre und der Umgang mit dem Haustier haben ihm viel geholfen. Inzwischen besucht Josif die vierte Klasse Volksschule und entwickelt sich normal.

Die betreute Wohngemeinschaft entspricht dem Konzept der Deinstitutionalisierung, die von allen einschlägigen Organisationen, allen voran der UNICEF, gefordert wird. Auch die EU drängt auf Unterbringung in kleineren Einheiten. Das bulgarische Sozialministerium zieht mit obwohl das mit Kosten verbunden ist. In den vergangenen Jahren wurden die großen Kinderheime aufgelöst.

Concordia - wörtlich: die Eintracht - wurde vom bekannten Jesuitenpater Georg Sporschill als Kinderhilfswerk gegründet und ist eine Mehrzweckeinrichtung. Im Zentrum Sveti Konstantin in Sofia schlafen etwa 80 Kinder und Jugendliche, daneben auch noch ungefähr 30 junge Erwachsene, die weder Familie haben, noch auf eigenen Beinen stehen. Die Mahlzeiten werden gemeinsam eingenommen. Die Kinder frühstücken schon eine Stunde früher, da sie um halb acht in der Schule sein müssen.

Positive Erfahrungen

Concordia Bulgarien ist keine Kopie der Einrichtungen in Rumänien und Moldau. Dilyana Gyureva, die seit der Gründung 2008 dabei ist, sagt, das Zentrum sei auf lokale Bedürfnisse hin entwickelt worden. In Moldau ist Concordia die größte soziale Nichtregierungsorganisation im Land. Damit kann sich die bulgarische Niederlassung nicht messen. Anders als in Rumänien konzentrieren sich die Aktivitäten allein auf die Hauptstadt. Gyureva: "Wir arbeiten hier mit typischen Problemen von Großstadtghettos".

Besonders freut sich Gyureva, wenn Jugendliche, die als Problemfälle ins Haus kamen, ins Personal übernommen werden können. Der Pförtner ist so ein Fall. Aber auch in der Küche und der Wäscherei sind ehemalige Klienten beschäftigt. Einer ist sogar als Hilfslehrer Teil des sozialpädagogischen Teams. Und auch eine Ehe wurde schon gestiftet. Gyureva war 2013 Trauzeugin für einen Mann, der bei Concordia seine Alkoholsucht therapierte, und eine Frau, die in der Küche geholfen hat. Sie freut sich über den Erfolg: "Sie sind letztes Jahr ausgezogen und wohnen in einer Mietwohnung. Er hat Arbeit gefunden". (rl)

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