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Italiens Streit um Vermögen in Slowenien

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Slowenien und Italien kommen in der Vermögensfrage miteinander nicht klar. Für Slowenien steht dabei Europa auf dem Spiel.

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Slowenien und Italien kommen in der Vermögensfrage miteinander nicht klar. Für Slowenien steht dabei Europa auf dem Spiel.

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Italien sieht sich gezwungen, das EU-Assoziierungsansuchen Sloweniens negativ zu beurteilen, sollte Laibach den vergangenen Donnerstag in Rom erreichten Rahmen der Vereinbarungen über Vermögensrestitution zurückweisen. Das hat Außenminister Antonio Martino am Wochenende in Madrid unmißverständlich festgestellt.

Unmittelbar nach den Verhandlungen, die von der slowenischen Delegation nach fünf Stunden abgebrochen wurden, konnte die FURCHE vom Staatssekretär in der Far- nesina (dem Außenamt), Livio Caputo (Forza Italia), eine authentische Interpretation des Streites zwischen Laibach und Rom erhalten. Caputo wies von einzelnen Alleanza Nazionale (Neofaschisten)-Po- litikern gemachte Äußerungen in Richtung Gebietsansprüche hinsichtlich Istriens energisch zurück. „Diese Regierung“, so Caputo, „stellt keine territorialen Forderungen. Außer ein paar lokalen Politikern hat niemand die Grenzen in Frage gestellt.“ In diesem Zusammenhang ließ Caputo sein deutliches Mißfallen am Ausdruck „faschistische italienische Politiker“ erkennen. Faschismus gebe es in Italien nicht mehr.

Italien hat mit Laibach bisher drei Themen verhandelt: Güter, Häuser, die noch dem Staat gehören, sollten den früheren (italienischen) Besitzern finanziell abgelöst werden; sollten Häuser schon in Privathänden sein und die Privatbesitzer diese veräußern wollen, dann sollten die alten Besitzer ein Vorkaufsrecht haben; schließlich verlangte Italien die Öffnung des slowenischen Immobilienmarktes für die etwa 70.000 bis 80.000 nach dem Zweiten Weltkrieg vertriebenen Italiener beziehungsweise deren Erben. Das habe Laibach abgelehnt: Ausländer dürfen in Slowenien keine Häuser besitzen. Allerdings habe Laibach am 30. September in Aussicht gestellt, den Immobilienmarkt für alle Europäer zu öffnen.

Die Vermögensfrage werde damit zu einem europäischen Problem. Livio Caputo: „Jetzt muß die EU sicherstellen, daß deni so ist. Wir brauchen eine Garantie dafür. Denn sollte das slowenische Parlament dazu wieder Nein sagen, sind wir erneut am Nullpunkt angelangt,“ $

Die italienische Regierung fordert nun von Slowenien ein klares Versprechen gegenüber Europa, daß es dabei, wie am 30. September angekündigt, bleiben werde. Nur dann, so Caputo, könne der von Slowe nien gewünschte EU-Assoziationsvertrag von Italien gutgeheißen werden.

Mittlerweile hat die Christdemokratische Partei des zurückgetretenen slowenischen Außenministers Lojze Peterle den Austritt aus der Drei-Parteien-Koalition ange droht, sollte sich die Regierung in dieser Angelegenheit weiterhin zu zögerlich verhalten und den Weg zur EU-Assoziation verstellen.

Von der EU fordert Italien eine viel größere Aufmerksamkeit für den Mittelmeerraum. Malta habe genauso wie die Visegrad-Gruppe das Recht, in die EU aufgenommen zu werden. In diesem Zusammenhang betonte der Farnesina-Staatssekretär, daß Zypern mit Luxemburg das einzige Land sei, dessen Wirtschaft vollkommen mit den Maastricht-Regeln zur Bil dung einer Währungsunion übereinstimme. Caputo wörtlich: „Momentan gibt es eine starke Hinwendung der EU zu Zentraleuropa. Wir hoffen allerdings, diese Ausrichtung unter der EU-Präsidentschaft Frankreichs, Spaniens und danach Italiens durchbrechen zu können.“

KERNEUROPA UND ITALIEN

Zur Frage der Bildung eines Kerneuropa (von der CDU/CSU -Bundestagsfrakti - on Anfang September aufgeworfen, bekannt als „Schäuble-Papier“) meinte Caputo, es sei nicht vorstellbar, daß eine „interne EU-Gruppe“ ohne Italien existieren könne. Italien sei schließlich EU-Gründungsmitglied. Diesbezüglich verläßt sich Italien auf die Versicherung der deutschen Bundesregierung, daß es sich bei dieser Idee nur um einen Parteiplan gehandelt habe, der nicht die Politik der deutschen Regierung bestimme. „Die Erfüllung der Bedingungen von Maastricht sind nicht bindend, es geht da in erster Linie mehr um die Tendenz als um aktuelle Zahlen.“ Die Bedingungen zur Teilnahme an einer eventuellen Währungsunion sind nach den Worten Caputos „nicht die einzigen Kriterien“, um zum innersten Kern Europas zu gehören. Die dritte Säule, die Teilnahme an der Gemeinsamen Außen- und Sicherheitspolitik (GASP), sei zumindest genauso wichtig.

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