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Kery oder Polster

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Nach den Erklärungen des Bundeskanzlers beim Parteitag wird nun die Bundesregierung ihre Aufgabe und Verpflichtung dem Burgenland gegenüber wahrnehmen. Die Koalitionsregierung konnte sich dazu nicht aufraffen, wenn man von den Pflichtzusendungen und symbolischen Gesten absieht. Wenn die Klaus-Regierung zur Tat schreitet, dann erfüllt sie eine historische Aufgabe gegenüber dem jüngsten und wirtschaftlich am meisten zurückgebliebenen Bundesland Österreichs. In der Tat kommt heute die bundespolitische und landespolitische Konstellation dem Burgenland zugute. Die ÖVP-Bundesregierung kann dem Burgenland, wenn sie das will, helfen, und keine andere Partei kann sie dabei hindern.

Zwei Männer werden, wie die

Landesparteitage demonstrieren, im Blickfeld der burgenländischen Landespolitik des nächsten Jahres und der Landtagswahlen 1968 stehen: Kery und Polster. Der erstere soll seiner Partei weiterhin die Mehrheit im Lande erhalten und festigen; vom anderen wird erwartet, daß er der ÖVP wieder zur Mehrheit im Lande verhilft. Hinter beiden standen die Parteitage mit Einmütigkeit. Die landespolitischen Konzepte, die Kery und Polster im Auftrag ihrer Partei verdolmetschen und bei den nächsten Wahlen vertreten werden, haben große Gemeinsamkeiten. Ferr ir besitzen beide Politiker beachtliche Erfahrung in der Regierungsarbeit.

Wie es scheint, wird bei der kommenden Landtagswahl die Sympathie für den einen oder anderen Kandidaten eine bedeutende Rolle spielen und auch die Art und Intensität und Seriosität der Wahlpropaganda. Die SPÖ des Landes wird die Wahlschlacht auf dem Boden der Landespolitik und hauptsächlich mit landeseigenen Kräften schlagen. Das Manko auf Bundesebene will sie dadurch ausgleichen, daß sie ganz auf die Persönlichkeit Kerys, die landespolitischen Initiativen des sozialistischen Regierungsteams und die Organisationsarbeit ihrer Vertrauensleute in den Gemeinden setzt. Dies kam beim Parteitag deutlich zum Ausdruck. Die Achillesferse der burgenländischen SPÖ bleibt vorläufig die triste Situation ihrer Wiener Zentrale.

Eine Prestigefrage

Hinter Polster steht die Bundes- ÖVP mit Klaus an der Spitze, dessen Einflußnahme auf die burgenländischen Landtagswahlen Bedeutung haben könnte. Polster darf auch auf den Einsatz eines Mannes rechnen,

der im Burgenland noch immer großes wahlpolitisches Gewicht besitzt, nämlich auf Landesparteiobmann Altlandeshauptmann Josef Lentsch. Sein Prestige hat in der Bevölkerung keine Einbuße erlitten. Ohne ihn hätte das ÖVP-Regierungs- team im Landhaus nicht die nötige Rückendeckung in der Partei und unter den Wählern. Jede Hybris ihm gegenüber schadet der Partei. Dies sollten gerade jene beherzigen, die die Bedeutung Lentschs unterschätzen und ihn aus taktischen Überlegungen in der Partei nur noch eine Ausgedingeposition zubilligen wollten. Withalm hat bekanntlich beim Bundesparteitag der ÖVP die ganze Bundes-ÖVP aufgerufen, mitzuhelfen, daß im Burgenland die ÖVP-Mehr- heit wieder zurückerobert wird. Somit ist die nächste burgenländische Landtagswahl eine Prestigefrage der Bundes-ÖVP. Bundeskanzler Klaus hat trotz des Podgorny-Besuches am Parteitag der burgenländischen ÖVP

in Mattersburg teilgenommen und das Hauptreferat gehalten. Er hat, Berichten zufolge, in seiner Rede die Erfüllung der Hauptforderungen, die SPÖ und ÖVP des Burgenlandes in den letzten Jahren gemeinsam vertreten haben, zugesagt.

Das wäre ein Erfolg beider Parteien im Lande. Es sieht so aus, als ob die Koalition auf Bundesebene scheitern mußte, damit auch die Forderungen und Anliegen des Burgenlandes an den Bund Gehör finden. Der Ausgang der Landtagswahlen wird wahrscheinlich davon ab- hängen, was der Wähler mehr honoriert, die Tatsache, daß die sozialistische Mehrheit im Lande, besonders Landeshauptmann Kery, ständig und massiv den Bund provoziert, dem Burgenland eine Sonderstellung bei den bundespolitischen Hilfen einzuräumen, oder die Tatsache, daß die ÖVP-Bundesregierung unter Führung von Klaus es ist, die dem Burgenland tatsächlich helfen will.

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