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Klimagipfel: Droht unserem Wald der Hitzetod?

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Zunehmende Erwärmung und Trockenheit zwingen Österreichs Forstbetriebe zum Handeln.

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Zunehmende Erwärmung und Trockenheit zwingen Österreichs Forstbetriebe zum Handeln.

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Wenn Ende März in Rerlin der große internationale Klimagipfel über die Bühne gehen wird, hoffen zahlreiche vom Klimawandel unmittelbar betroffene Regionen auf einen Durchbruch im internationalen Klimaschutz. Große Hoffnung brauchen sie sich aber nicht zu machen, sind doch die Signale, die vor dem großen Medienereignis von den großen Industrienationen ausgesendet wurden, alles andere als vielversprechend. Das größte Engagement kam in den Vorbereitungskonferenzen von Umweltor-ganisationen und von 36 kleinen Inselstaaten, die bei höheren Temperaturen vom Untergang bedroht wären.

Osterreich zählt - wie die meisten reichen Länder - im Falle einer Klimaverschiebung eher zu den „begünstigten” Nationen. Eine Temperaturerhöhung würde weniger drastische Auswirkungen haben als etwa auf den Malediven oder den Fidschi-Inseln, die bei einem Anstieg des Meeresspiegels um eineinhalb Meter von der Landkarte verschwinden würden. Aber auch hierzulande mehren sich die Anzeichen drastischer Veränderungen. Der erste Patient: Unser Wald.

Laut Angaben der Zentralanstalt für Meteorologie und Geodynamik hat sich die Jahresdurchschnittstem-

peratur in Österreich in diesem Jahrhundert bereits um mehr als ein Grad Celsius nach oben geschoben, Tendenz steigend. Umgekehrt die Niederschläge. Sie gingen um bis zu 25 Prozent zurück. Was am Papier noch als geringfügige statistische Abweichung zu interpretieren ist, kommt aus der Sicht der Forstwirte einer mittleren Katastrophe gleich. Zwar ist eine Klimaverschiebung prinzipiell auch für unsere Breiten nichts Neues, bedrohlich erscheint aber die Geschwindigkeit, mit der sie vonstatten geht.

Stefan Schenker, Präsident des Hauptverbandes der Land- und Forstwirtschaftsbetriebe Österreichs, sieht sich deshab auch mit Problemen konfrontiert, die bisher in der Fachwelt nicht bekannt waren: „Be-

sonders im Osten Österreichs fehlen plötzlich beträchtliche Niederschlagsmengen. Dies wirkt sich auf die Waldbilder entscheidend aus.” So werden heute bereits Linden, die eher in wärmeren Gebieten vorkommen, in Gebieten gesichtet, wo sie überhaupt nicht heimisch sind.

Wein- oder Steppenviertel?

Sollten sich die Temperaturen in den nächsten lahrzehnten wirklich -wie teilweise befürchtet - um drei Grad erhöhen, wären die Folgen fatal. Dies würde eine Verschiebung der Höhengrenze um rund 300 bis 500 Meter nach oben bedeuten. Laut Schenker befindet sich das Weinviertel bereits jetzt im Übergang zur Busch- und Savannenlandschaft.

Derzeit ist dort noch die Eiche heimisch, die mit dem wenigsten Niederschlag das Auslangen findet. Verschwindet auch sie, ist die Versteppung des Weinviertels wohl kaum mehr aufzuhalten.

. Die einzigen, die sich über die Erwärmung freuen können, sind die Schädlinge. Sie finden nämlich immer günstigere Überlebensbedingungen vor. Der Borkenkäfer konnte etwa in den letzten Jahren kräftig zulegen. Der Schadholzanfall infolge Borkenkäferbefall hat sich seit 1990 um 500 Prozent erhöht. Der viel zu warme Februar könnte heuer zu einem weiteren Großangriff des Waldschädlings Nr. 1 führen.

Um diesen großen Herausfordern-gen und Problemen begegnen zu können, hat der Forstverband nun einen „Wald-Klima-Rat” einberufen. Wissenschaftler und Praktiker sollen gemeinsam Umsetzungsmöglichkeiten für Forstbetriebe erarbeiten. Ein Punkt auf. der Tagesordnung: Die Suche nach trockenresi-stenteren Bäumen.

Daneben hofft Präsident Schenker weiter auf die Politik und den Klimagipfel in Berlin, von denen er sich endlich Maßnahmen zur C02-Reduk-tion erhofft. Etwas heftiger formuliert dies sein Vize, Georg Thurn-Vrints: „Es ist einfach zum Kotzen, daß Teile der Wirtschaft noch immer stark genug sind, um eine ökologische Steuerreform zu verhindern.” Dies wäre eine ganz wesentliche Voraussetzung für die Rettung der Wälder. Nicht nur in Österreich. &

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