
Klimaschutz durch Krieg?
Krieg hat unmittelbare und gravierende Auswirkungen auf Klimaschutz, Energieversorgung und Infrastrukturen, wie sich gerade durch Wladimir Putins Überfall auf die Ukraine zeigt. Langfristig könnten diese Folgen aber auch positiv sein.
Krieg hat unmittelbare und gravierende Auswirkungen auf Klimaschutz, Energieversorgung und Infrastrukturen, wie sich gerade durch Wladimir Putins Überfall auf die Ukraine zeigt. Langfristig könnten diese Folgen aber auch positiv sein.
In ihrem im April 2021 veröffentlichten Artikel „Die Geopolitik des Klimawandels“ meinten Klimaschutzkommissar Frans Timmermans und EU-Außen- und Sicherheitsbeauftragter Josep Borrell: „Der Ausstieg aus den fossilen Brennstoffen wird die strategische Position der EU erheblich verbessern, und die Energiewende wird zu Machtverschiebungen führen, weg von jenen, die die fossilen Brennstoffe kontrollieren und exportieren, hin zu denen, die die grünen Zukunftstechnologien beherrschen.
Das Ende von Energieimporten wird auch dazu beitragen, die Einkünfte und geopolitische Macht von Ländern wie Russland zu vermindern – und, dass die Reduzierung der EU-Energieimporte kurzfristig zu mehr Instabilität führen dürfte, weil Russland seine zentrale Einkommensquelle verliert und der Kreml darauf mit abenteuerlichem Verhalten reagieren könnte.“ Prophetisch verwiesen sie auf den aktuellen Hauptfeind, wobei sie wahrscheinlich nicht an den Ukraine-Krieg als Startschuss für den aktuellen energiepolitischen Kurswechsel der EU dachten. Und der deutsche FDP-Chef sowie Finanzminister Christian Lindner meinte nach dem russischen Angriff: „Erneuerbare Energien leisten nicht nur einen Beitrag zur Energiesicherheit und -versorgung. Sie lösen uns auch von Abhängigkeiten. Erneuerbare Energien sind deshalb Freiheitsenergien.“
Energieversorgung, Verfügbarkeit über Rohstoffe und deren Transportwege gehören folglich zu den zentralen Zielen staatlicher Politik und werden selbst zu konfliktverschärfenden Faktoren. 2019 hat die Internationale Organisation für erneuerbare Energien (IRENA) diese Entwicklungen in ihrem Bericht „Eine neue Welt“ aufgezeigt.
Stopptaste für die Klimakooperation
Jeder Krieg bindet enorme Ressourcen, die jetzt für die dringend notwendigen energie- und industriepolitischen Reformen fehlen. Ohne einen erfolgreichen wirtschaftlichen Strukturwandel der Ukraine, die über 30 Prozent ihres Strombedarfs durch Steinkohle deckt, wird die EU ihr Ziel verfehlen, Europa bis 2050 zum ersten klimaneutralen Kontinent zu machen. In ihrem Vorschlag „Der europäische Grüne Deal“ stellte die Kommission fest: „Die ökologische Wende kann für Europa nur dann wirklich funktionieren, wenn auch die unmittelbaren Nachbarn der EU wirksame Maßnahmen treffen.“
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