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Konsum: Das Ende der „unsinkbaren Schiffe”
An den Gesetzen der Wirtschaft beißt sich auf die Dauer auch politische Macht die Zähne aus.
An den Gesetzen der Wirtschaft beißt sich auf die Dauer auch politische Macht die Zähne aus.
Der vielleicht größte und kostspieligste wirtschaftspolitische Irrtum, dem die moderne Industriegesellschaft in den letzten Jahrzehnten unterlegen ist, war der Glaube, daß Mammutunternehmen auf Grund ihrer Größe auch in schwerer Krise ungefährdet seien. So wie es viele Jahre lang als herrschende Lehre galt, daß eine Weltmacht wie die Sowjetunion wirtschaftlich nicht zugrunde gehen könne und somit unbeschränkt kreditfähig sei.
Dieser Überzeugung liegt die Annahme zugrunde, daß die Wirtschaft ausschließlich von der Politik bestimmt wird. „Die Verantwortlichen werden es nicht zulassen, daß Zehntausende Arbeitsplätze verloren sind”, hieß es. Oder: „Ein kommunistisches Land kann schon aus Prestigegründen nicht in Konkurs gehen.”
Solche Erwartungen fanden erstaunlich lange Zeit durch den tatsächlichen Verlauf der Dinge scheinbar ihre Bestätigung. Notleidende Industrien konnten immer wieder mit Zuschüssen aus der Staatskassa über Wasser gehalten werden. In der Kreisky-Ära wurden defizitäre Unternehmen des Verstaatlichten-Sektors mit aktiven Betrieben fusioniert (wobei man allerdings übersah: Wenn man einen
Die Konsum-Manager ernten kein „Danke!” Foto Reuter
Kranken zu einem Gesunden legt, wird nicht der Kranke gesund, sondern der Gesunde krank). Reserven aus besseren Zeiten wurden bedenkenlos aufgelöst, nicht um notwendige Anpassungen vorzunehmen, sondern um den Status quo aufrecht zu erhalten. Das ausgeprägte Selbstbewußtsein der politischen Macher verstärkte die weitverbreitete Meinung, der omnipotente Staat werde schon dafür sorgen, daß alles beim alten bleibt.
Doch wie groß die politische Macht auch sein mag, gegen bestimmte Naturgesetzlichkeiten in der Wirtschaft kann sie sich auf Dauer nicht durchsetzen. Wer starr an überholten Strukturen festhält und es versäumt, sich neuen Erfordernissen zu stellen, muß letztlich das Spiel verlieren. Ein anschauli-
ches Beispiel für die Vernachlässigung dieser Grundwahrheit bietet das Drama des Konsum-Imperiums, das als eine der tragenden Säulen der Sozialdemokratie galt. Die Katastrophe wird Tausende Arbeitsplätze, die Existenz vieler Firmen und Volks-vermögen in erheblichem Umfang vernichten. Und indirekt werden wir alle zur Kassa gebeten werden.
Sicherlich ist die Frage nach der Verantwortung mit allen Konsequenzen zu stellen. Wichtiger als Schuldzuweisungen ist es aber, die Grenzen der Politik bei wirtschaftlichen Vorgängen endlich zu erkennen. Wie sehr es daran mangelt, zeigt eine Äußerung des Präsidenten des Österreichischen Gewerkschaftsbundes, Fritz Verzetnitsch, in einem Interview mit der „Wirtschaftswo-ch'” im vergangenen Herbst zur Frage des Budgetdefizits. Er meinte, daß das Ausmaß der Finanzierbarkeit der Staatsschulden „von der Gemeinschaft bestimmt” werde. Das ist ein gefährlicher Irrtum. Die Währungsstabilität hat die Grenzen der Staatsverschuldung zu bestimmen. Und unter dieser Prämisse ist auch der Staatshaushalt kein unsink-bares Schiff.
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