6740500-1966_39_04.jpg
Digital In Arbeit

Loblieder ohne ein entsprechendes Echo

Werbung
Werbung
Werbung

Prognosen über den Wahlausgang der nächsten Lamdtagswahlen sind im Augenblick verfrüht. Was man sagen kann, ist wohl dies, daß es zur Stunde noch völlig offen ist, wer bei dem kommenden landespolitischen Wettkampf das Rennen machen wird. Für den Erfolg der SPÖ spricht weithin die Persönlichkeit von Landeshauptmann Theodor Kery und für den Erfolg der ÖVP der Trend der letzten Nationalratswahlen, sowie die Leistungen der Regierung Klaus, sofern nicht Komplikationen und schwerwiegendes Versagen in der Regierungsarbeit bis zur nächsten Landtagswahl eintreten. Sicherlich kann die ÖVP auch auf ihre ruhmreiche Vergangenheit mit drei erfolgreichen Landeshauptmännern hinweisen, aber bekanntlich ist der Wähler sehr vergeßlich. Er läßt sich wenig von Lobliedern auf die Vergangenheit beeindrucken.

Aber auch jene Überlegung dürfte viel für sich haben, die da meint, daß sich nicht immer mit Leistungen in der Bundespolitik eine Landtagswahl siegreich schlagen läßt. Man könnte Beweise aus der Vergangenheit anführen. Es ließe sich die These mit Wahlergebnissen bei Lamdtagswahlen aus anderen Bundesländern belegen. Freilich könnte das auch umgekehrte Behauptungen aufsteilen. Bei den letzten Nationalratswahlen ließen sich die Wähler im Burgenland nicht von den Leistungen der SPÖ-Mehrheit im Land beeindrucken. Wähler, die noch nie die ÖVP wählten, gaben am 22. März dieses Jahres der ÖVP ihre Stimme. Es wäre infolge des Umbruchs, der sich bereits bei den letzten Nationalratswahlen in der Psychologie der Wähler abzeichnete, durchaus möglich, daß sich ein ähnlich gelagerter Pall auch hei Landtagswahlen wiederholt, das heißt, daß die Wähler ein ganz anderes Votum abgeben, als dies noch bei den Nationalratswählen im Burgenland der Fall war. Außerdem fragt sich, ob eine gute Bundespolitik den Wähler bei Landtagswahlen so beeinflussen kann, daß er einer Partei die Stimme entzieht, die sich auf Bundesebene in Opposition befindet. Oder kann man erwarten, daß er die Führungsschwierigkeiten der zweiten Regierungspartei bei der landespolitischen Entscheidung großzügig übersieht?

Auf der anderen Seite ist die

Frage offen, ob Landeshauptmann Kery auf Grund seiner persönlichen Qualitäten und seines beispielhaften landespolitischen Engagement die Wähler von der Misere der SPÖ auf Bundesebene abzuienken und sie zu bewegen vermag, den Männern der SPÖ im Burgeniand Vertrauen zu schenken. Solange Parteiführer der SPÖ, die bei den letzten National- ratsrwahilen vom Wähler einen Denkzettel erhielten, auf Bundesebene die Partei dirigieren und ihre Politik bestimmen, besteht für die Bundesländersozialisten, die schon längst über die polemische und destruktive Art Politik zu machen, wie dies die

Wiener Zentrale getan hat, hinausgewachsen sind, die Gefahr, daß sie trotz ihres erneuerten Profils und ihrer landespolitischen Initiativen beim verärgerten Wähler nicht ankommen.

Ein glaubwürdiges Programm

Eine Lehre, die die letzten Nationalratswahlen allen Parteien gegeben hat, ist wohl die, daß keine von ihnen ein „Hausherrenrecht“ in Permanenz auf die Mehrheit in unserer demokratischen Gesellschaft hat, deren Mitglieder immer mündiger werden. Wer wagt zu sagen, daß es sich bei der SPÖ-Mehnheit im Burgenland bloß um eine vorübergehende Eintrübung des landespoliti sehen

Horizonts des östlichen Bundeslandes handelt? Eine Eintrübung bann auch zur Veränderung der Großwetterlage führen. Da Wahlniederlagen keine kosmisch verursachten Schicksalsschläge sind, sondern durch die Ratio und die Emotionen der Wähler in einer bestimmten politischen Situation ausgelöst werden, gibt es nur eine Prophylaxe, um Umschwünge in der politischen Großwetterlage zu verhindern, nämlich das Vertrauen des Wählers wiederzugewinnen. Tradition, Vergangenheit, Dogmen und Leistungen von früher zählen nicht viel beim Wähler unserer Wohlstandsperiode.

Was zählt sind Programme, die in die Zukunft weisen, und Persönlichkeiten, die auf Grund ihrer Autorität den erforderlichen Einfluß und die entsprechende Energie besitzen, die Programme in die Tat urnzu- setzen. Programme allein sind für den Wähler ebenso bedenklich wie Männer, die man buchstäblich zu „Wahllokomotiven“ oder „Playboys“ macht, als ob es in der Politik um kosmetische Wettkämpfe oder um die Propagierung von Stars statt von Persönlichkeiten geht. Nach den Erfahrungen der letzten Nationalratswahlen dürfte bei den kommenden

Landtagswahlen jene Partei beim Wähler die meisten Chancen haben, der es gelingt, dem Wähler klar und deutlich zu sagen, wie es nach ihren Progra mm vor s tellungen in der Landespolitik weitergehen soll, die mit einer Persönlichkeit aufwiarten kann, die das Programm glaubwürdig repräsentiert, nicht nur verdolmetscht,

und die Wähler zur Zustimmung mit dem Stimmzettel zu gewinnen vermag.

Vor der Entscheidung

Das Burgenland steht als Bundesland vor der Wahl, die nächste Zukunft zu gewinnen oder sie bei längerem Zuwarten zu verlieren. Lang genug wird das Land schon auf eine wirksame Bundeshilfe vertröstet. Solange die Koalition auf Bundesebene währte, warf im Burgen- lanid die eine Koalitiomspartei der anderen vor, daß ihre Exponenten in den zuständigen Ministerien die Interessen und Forderungen des Burgenlandes sabotieren und die Lösungen Verschiedener Existenzfragen des Landes verhindern. Man braucht nur auf die Führung der Südautobahn durch das Burgeniand, die Fernverkehrssteuer, die Delegierungsverordnung und die Forderung nach einer gezielten und überlegten Bundeshilfe an das Burgenland im Rahmen eines gesamtösterreichischen Entwicklungskonzeptes und einer Regionalplanung hinzuweisen. Man darf sich nicht mehr mit Versprechungen und schönen Gesten oder romantischen Lobsprüchen auf das östliche Bundesland vertrösten lassen. Dem Burgenland muß geholfen werden. Wer diesem Lande hilft, ist sein einziger und wahrer Freund.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung