7085156-1994_12_09.jpg
Digital In Arbeit

Malta – eine Insel, die nach Europa blickt

Werbung
Werbung
Werbung

Maltas Premierminister Edward Fenech Adami, Chef der konservativen Natio-nahst Party (NP) – ein besonnener Ępli-tiker, den jedermann Ireundschaft-hch einfach Eddi nennt – plant, seit er 1987 die Regierangsführung übernommen hat, konsequent den Beitritt der Inselnation zur EU. Jetzt, nachdem Österreich und die nordischen Staaten mit Brüssel handelseinig geworden sind – aber noch die entsprechenden Volksabstimmungen abgewartet werden müssen – stehen die Chancen für Malta, bis zur Jahrtausendwende Vollmitglied der Europäischen Union zu werden, recht günstig. Immerhin geht es seit dem neuerlichen Wahlsieg der NP Anfang 1992 sowie dank der klugen ausgewogenen Politik Eddis mit Malta politisch und wirtschaftlich langsam, aber sicher aufwärts. Das was bitter nötig nach der langen, bewegten Herrschaftszeit der radikalsozialistischen Labour Party (LP) unter Premier Dom Mintoff.

Innenpolitisch hatte sich Mintoff im Zuge demagogischer Säkularisierungsbestrebungen seiner Partei durch Gesetzesverordnungen zur Enteignung von Kirchenbesitz und zur Beschneidung der Finanzmittel der privaten, fast ausschließlich katholischen Schulen (Education Act) scharf mit der einflui3reichen maltesischen Kurie angelegt. Maltas Be-völkerang ist gleichsam hundertprozentig katholisch – der römisch-katholische Glaube Staatsreligion – und rund 90 Prozent der Malteser sind praktizierende Katholiken.

Auf die Phöniker geht der Name der Mittelmeerinsel zurück: sie nannten sie Malet, „Zuflucht“. 1964 erhielt Malta die Unabhängigkeit

Infolge des Konflikts der LP-Regierang mit der Kirche kam es in dem sonst friedlichen Malta wiederholt zu heftigen Demonstrationen, Zusammenstößen und sogar zu Bombenanschlägen. Aber noch mehr Aufsehen erregte Mintoffs schwankende, ja geradezu abenteuerliche Außenpolitik. Ende 1984 vollzog er beispielsweise einen spektakulären Frontwechsel: Denn er erklärte einen vier Jahre zuvor mit Italien abgeschlossenen Vertrag zur Garantie der Neutralität Maltas sowie zur Leistung einer angemessenen Wirtschaftshilfe zugunsten der Inselrepublik plötzlich für ungültig. Zur Begründung warf er Rom glatten Vertragsbrach vor.

Im gleichen Atemzug setzte er im Parlament (Einkammersystem) einen Pakt mit Libyens Oberst Gadaf-fi über wirtschaftliche und militärische Kooperation durch und kurz danach ein ähnliches Abkommen mit der damaligen Sowjetunion. Zweifellos lagen den Vertragsabschlüssen mit Libyen und der UdSSR vorrangig ökonomische Erwägungen zu-grande, beispielsweise ein Schiffbau-und -reparaturprogramm für Maltas Staatswerften. Doch die durch Mintoff aufgepeitschten innen- und außenpolitischen Wogen, die auch im westlichen Ausland immer kritischer verfolgt wurden, führten die LP letztlich in eine Sackgasse.

Noch vor Jahresende 1984 vrarde der inzwischen 68jährige mit an Gewißheit reichender Wahrscheinlichkeit zum Rücktritt gezwungen. Jedenfalls demissionierte Mintoff ganz plötzlich und verschwand sang- und danglos von der politischen Bildfläche. Sein Nachfolger Carmelo Mifsud Bonnici vermochte den Premierposten und Parteivorsitz der LP gerade noch etwas über zwei Jahre zu behaupten. Dann mußte er Fenech Aoamis nach 23 Jahren der

Opposition bei den Parlamentswahlen von 1987 siegenden NP weichen.

Seither versucht Maltas konservative Regierang, deren auswärtige Beziehungen maßgebend von Minister Guido de Marco bestimmt werden, sich eng an den Westen zu lehnen, dabei eben den EU-Beitritt als Hauptziel im Auge behaltend. Der von Mintoff angezettelte Streit mit der Kirche vrarde in friedlichem Einvernehmen mit der erzbischöflichen Behörde von Malta beigelegt.

Auf wirtschaftlichem Gebiet beträgt der jährliche reale Zuwachs im Schnitt konstant rand drei Prozent, in der I^andwirtschaft trotz des kargen Bodens und der Wasserarmut des Archipels (außer Malta: Gozo und Comino) sogar fast vier Prozent. Gefördert wird von der Exekutive Fenech Adamis indessen vor allem die industrielle Entwicklung zur Schaffung leistungsfähiger exportsteigernder, verarbeitender Klein-und Mittelbetriebe (Textilien, Ledererzeugnisse, mechanische, elektronische, optische Geräte und ähnliches) und naturgemäß der Fremdenverkehr, der bereits rand 400 Millionen Dollar Deviseneinnahmen jährlich erbringt. Die kleine Inselgrappe inmiitten des mediterranen Meers zwischen Sizilien und Nordafrika ist ein beliebtes Urlaubsziel vieler Mittel- und Nordeuropäer.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung