"Man muss sich vor der PKK nicht fürchten"

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Wie es um die syrische Opposition bestellt ist, und warum assads Regime plötzlich als teil einer internationalen lösung diskutiert wird, erklärt der Pkk-kenner aldar Xelil.

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Wie es um die syrische Opposition bestellt ist, und warum assads Regime plötzlich als teil einer internationalen lösung diskutiert wird, erklärt der Pkk-kenner aldar Xelil.

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Aldar Xelil, Weggefährte von PKK-Anführer Abdullah Öcalan, ist Vorsitzender der Bewegung für eine Demokratische Gesellschaft (Tev-Dem), die die autonome Region Rojava regiert, und der wichtigste Verbindungsmann der syrischen Kurden zur PKK-Führung.

DIE FURCHE: Kanzlerin Angela Merkel hat vor wenigen Tagen die Position Russlands übernommen, dass man mit Bashar al Assad reden muss, wenn man den Syrienkrieg beenden will. Was halten Sie davon?

Aldar Xelil: Deutschland ist ein wichtiges Land mit großem Einfluss, nicht nur in Europa, sondern auch in unseren Ländern. Es ist richtig, dass man darüber nachdenkt, wie man das Töten in Syrien abstellen kann.

DIE FURCHE: Heißt das, dass Assad Teil einer Übergangslösung sein kann oder gibt es eine Lösung erst, wenn er abtritt?

Xelil: Es gibt einen seltsamen Zusammenhang. Denn diejenigen, die es dem IS ermöglicht haben, in Syrien einzugreifen, sind dieselben, die jetzt sagen, Assad müsse Teil der Lösung sein. Denn plötzlich erscheint sein Regime als das kleinere Übel.

DIE FURCHE: Wenn es zu einer militärischen Allianz zwischen den USA, Russland und vielleicht auch dem Iran kommt: Würden die Kurden einer solchen Allianz beitreten, auch wenn dies das vorläufige Verbleiben von Assad mit sich bringt?

Xelil: Wenn jemand gegen den IS kämpft, ist das gut. Das heißt nicht, dass wir eine solche Allianz unterstützen. Denn wir kämpfen schon lange gegen den IS. Eine solche Allianz wird dort gegen den IS kämpfen, wo das Regime noch regiert. Hier im Norden und Westen ist das nicht der Fall: hier kämpfen wir gemeinsam mit der internationalen Koalition.

DIE FURCHE: Es gibt Kräfte in der syrischen Opposition, die der (PKKnahen Partei) PYD vorwerfen, dass sie nicht gegen Assad ist und sich nicht als Teil der Allianz gegen Assad versteht.

Xelil: Das sind meistens die, die nicht an der Revolution teilnehmen, sondern im Ausland leben. Sie tragen selbst Schuld daran, dass das Regime so viele Leute töten konnte. PYD ist die beste Repräsentantin der syrischen Opposition.

DIE FURCHE: Manche meinen, dass die politische Aufwertung von Assad dazu führen wird, dass er sich früher oder später ermutigt fühlen wird, Rojava militärisch anzugreifen.

Xelil: Man darf nicht vergessen, dass dieses Regime immer gegen uns gekämpft hat. Es würde mich also nicht überraschen.

DIE FURCHE: Wer ist der wichtigste Verbündete eines demokratischen Rojava?

Xelil: Eigentlich können alle Länder eine große Rolle spielen. Aber Deutschland ist deswegen besonders wichtig, weil es auch Druck auf Länder ausüben kann, die keine jetzt keine positive Einstellung gegenüber Rojava haben.

DIE FURCHE: Die Türkei betrachtet Rojava als Kreatur der PKK. Was kann man tun, damit sich die Türkei nicht von diesem Projekt bedroht fühlt?

Xelil: Wenn die Selbstverwaltung in Rojava wirklich ein Projekt der PKK ist, dann heißt das nichts anderes, als dass die PKK eine demokratische Kraft ist. Warum sollte die Türkei davor Angst haben? Seit 1984 hat sie auf allen Fronten, den militärischen und den diplomatischen dafür gekämpft, dass die PKK als Terrororganisation abgestempelt wird. Aber wir sind nicht die einzigen, die sagen, dass hier das einzige demokratische Projekt in Syrien entstanden ist. Wenn das so ist, dann muss man vor der PKK wirklich keine Angst haben. Ich denke, nach und nach werden uns einige Länder anerkennen und sie werden bestätigen, dass Rojava nicht von der PKK abhängt. Und wenn es so wäre, würde es bedeuten, dass PKK demokratisch ist.

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