Mission Impossible

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Wie sollen Geheimdienste agieren in einer Zeit der Digitalisierung. Sie bedeutet nicht nur neue Möglichkeiten, sondern auch große Probleme.

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Wie sollen Geheimdienste agieren in einer Zeit der Digitalisierung. Sie bedeutet nicht nur neue Möglichkeiten, sondern auch große Probleme.

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Eigentlich sollte man meinen, dass mit dem Zeitalter der Digitalisierung goldene Zeiten für Überwachung angebrochen sind. Geheimdienste können jeden Suchbegriff im Internet auswerten, Handydaten anzapfen, Bewegungsprofile erstellen. Das Smartphone ist das perfekte Abhörgerät in der Hosentasche. Doch in einer Zeit, wo an jeder Ecke Überwachungskameras und Gesichtserkennungssysteme (wie an einigen US-Flughäfen) installiert werden, müssen Geheimdienste ihre Arbeit neu definieren. „Die digitale Information verändert das Umfeld unserer Operationen fundamental“, sagte Alex Younger, der Chef des britischen Geheimdienstes MI6, kürzlich auf einer Konferenz in Washington, die gemeinsam von der CIA und der George Washington University organisiert wurde. „Unsere Gegner, die sich nicht an Rechtmäßigkeit und Verhältnismäßigkeit halten müssen, können diese Möglichkeiten nutzen, um Einsicht in unsere Operationen zu gewinnen.“ Nick Warner, Chef des australischen Geheimdienstes, wurde deutlicher. Rekrutierung, Kommunikation, Operationen – alles müsse sich verändern.

„Die Tage, in denen sich Geheim-dienst­agenten verschiedene Identitäten und Persönlichkeiten zulegen, kommen an ihr Ende“, sagte unlängst Nigel Inkster, ehemaliger Top-Agent beim MI6 und heute Forschungsdirektor beim Thinktank IISS, der Financial Times. „Forensische Fähigkeiten, Gesichtserkennung, Biometrie, DNA, alle diese Dinge machen die Bewegung auf fremdem Terrain zu einer Herausforderung.“ Nun mag die Vorstellung, dass ein Schlapphut mehrere Pässe in seinem Portemonnaie besitzt, unter falscher Identität im Hotel eincheckt und in seinem Sportwagen sinistren Gestalten hinterherspioniert mehr mit James Bond als mit der Realität gemein haben. Doch die Frage ist, wie Agenten unter dem Radar ausländischer Geheimdienste operieren können. Etwas zugespitzt formuliert: Wie sollen Geheimdienste in einer Zeit totaler Transparenz agieren, in der fast nichts mehr geheim ist?

Richard J. Aldrich, Professor für Politik und internationale Beziehungen an University of Warwick und Autor mehrerer Geheimdienstbücher, sagt im Gespräch mit der FURCHE: „Das größte Problem sind biometrische Grenzen. Spione müssen sie umgehen, sogar mit dem U-Boot.“ An solchen Checkpoints, wie sie etwa die EU an ihren Außengrenzen einführen will, müssen sich Einreisende mit ihrem Fingerabdruck oder Gesichtsscan identifizieren. Das System gleicht die Daten mit einer Datenbank ab und schlägt bei Abweichungen Alarm. Bio­metrische Merkmale wie Fingerabdrücke, Handgeometrie oder die Iris- und Retinastruktur gelten als absolut fälschungssicher. Man kann sein Aussehen verändern, aber nicht seinen Fingerabdruck oder seine Iris. Das macht es für die Sicherheitsbehörden leichter, potenzielle Terroristen oder Kriminelle, die unter falscher Identität einreisen, zu erkennen.

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