Missklänge in der Euro-Zone

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Die Krise um Irland und Portugal spitzt sich zu. Das Führungstrio der Euro-Zone ist zu entscheidungsschwach, meint das Handelsblatt.

Schweigen ist Gold, und Reden nicht immer Silber in Zeiten einer akuten Währungskrise. Doch das scheint den politischen Entscheidungsträgern der Europäischen Währungsunion ziemlich egal zu sein. Mit Pauken und Trompeten tragen sie ihre Auseinandersetzungen aus und sparen dabei nicht mit gegenseitigen Schuldzuweisungen.

Die sonst so auf Diskretion bedachte Europäische Zentralbank findet nichts dabei, Irland öffentlich unter Druck zu setzen, damit das Land endlich Kredite bei Euro-Zone und IWF beantragt. Irland tönt dagegen wider besseres Wissen, dass es auch ohne fremde Finanzhilfe gehe. Der griechische Premier verkündet, dass er die Euro-Kredite nicht fristgerecht zurückzahlen will. Portugals Regierung sinnt öffentlich darüber nach, ob sie demnächst einen Hilfsantrag an die Euro-Zone stellen soll oder nicht. Kein Wunder, dass die Finanzmärkte verrückt spielen. Die verbale Konfusion offenbart eine dramatische politische Führungsschwäche. Dass es widersprüchliche Interessen in der Euro-Zone gibt, ist zwar normal. Nicht normal ist jedoch, dass der Interessenausgleich ein Jahr nach Ausbruch der Griechenland-Krise immer noch nicht gelingt.

Weder reibungs- noch geräuschlos

Das alles wirft kein gutes Licht auf das Führungstrio der Euro-Zone. Der Vorsitzende der Gruppe der Euro-Finanzminister, Jean-Claude Juncker, der Präsident der Europäischen Zentralbank, Jean-Claude Trichet, und EU-Wirtschaftskommissar Olli Rehn erwecken zum wiederholten Male den Eindruck, dass sie die Lage nicht richtig im Griff haben. Eigentlich müssten sie dafür sorgen, dass die Mitgliedstaaten und Institutionen der Euro-Zone in einer akuten Notlage reibungs- und geräuschlos zusammenarbeiten. Auch müssten sie die Euro-Zone auf eine einheitliche Kommunikationsstrategie gegenüber den Finanzmärkten einschwören. Besonders wichtig ist das, wenn ein hochverschuldeter Staat wieder einmal aufs Korn genommen wird. Doch gerade in solchen Momenten wirkt die Eurogruppe hilflos. Das war so, als die Märkte zu Jahresbeginn Griechenland attackierten. Und es wiederholt sich jetzt, wo Irland unter Beschuss gerät.

Der Selbstbetrug

Dass die Euro-Zone die Märkte immer noch nicht beruhigen konnte, hat auch etwas mit Selbstbetrug zu tun. Egal ob Regierungen, EZB oder EU-Kommission: Sie alle schieben das Schuldenproblem nur vor sich her, statt es zu lösen. Griechenland, Portugal und nun auch Irland müssen teilentschuldet werden. Kredite aus dem Euro-Rettungsfonds ersetzen diese Teilentschuldung nicht, sondern zögern sie lediglich hinaus.

Zweitens: Nicht nur die irischen, sondern auch britische und deutsche Banken sind dramatisch unterkapitalisiert. Der Regierung in Dublin ginge es heute gar nicht so schlecht, wenn sie eine oder zwei Bankinsolvenzen zugelassen hätte. Doch britische, deutsche und französische Geldhäuser hätten dann Ausfälle in dreistelliger Milliardenhöhe verkraften müssen. So konnten die irischen, britischen und deutschen Banken und ihre Aktionäre das Schuldenproblem auf den irischen Staat abwälzen. Doch die Steuerzahler sind damit überfordert.

Die europäischen Partner Irlands haben das gewusst, gebilligt und vielleicht sogar befördert. Dafür bekommt die Euro-Zone jetzt bald die Rechnung präsentiert. Irland wird auf jeden Fall Kredite aus dem 750 Milliarden umfassenden Euro-Rettungsfonds benötigen. Damit gerät es aber nur vorübergehend aus der Schusslinie der Märkte. Und Euro-Land wäre immer noch nicht gerettet.

* Handelsblatt, 17. November 2010

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