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Nicht alle sind Flüchtlinge

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Uber 60 Millionen Flüchtlinge bilden den Schandfleck unserer Zeit, die das „Recht auf die Heimat“ — auf dem Papier — als Menschenrecht verkündet hat. Diese Flüchtlinge sind aber — keineswegs nach Würdigkeit und Bedürftigkeit — in Klassen eingeteilt.

I. Die Aristokraten

Über eine halbe Milliarde Dollars haben die Regierungen der halben Welt für die sogenannten arabischen Flüchtlinge ausgegeben. Die Regierungen der Asylstaaten haben dazu so gut wie nichts beigetragen — das reichste Gastland, Saudi-Arabien, hat zu der halben Milliarde in fünfzehn Jahren ganze 2,2 Millionen hergegeben —, sondern aus den Spenden nur Nutzen gezogen. Von allen Flüchtlingen hat es diese Gruppe am wenigsten verdient, denn entgegen der lautstarken Propaganda sind sic gar keine echten Flüchtlinge, ihre Zahl übersteigt nicht eine Million und: wenn man vop Entschądįgunger spricht, hätten die arabischen Staaten gewamg'zu zahlen.

Sie sind keine Flüchtlinge, denr sie haben ihre Heimat auf folgender Befehl des arabischen Oberkommandos verlassen: „Wer zurückbleibt wird als Kollaborateur der Juden behandelt werden. Wer aber jetzt weggeht, wird in vierzehn Tagen mit der siegreichen arabischen Armeen zurückkehren und sich des Gutes de] getöteten oder ins Meer getriebener Juden bemächtigen können.“ Alle Autoritäten der UNO bezeugten der israelischen Behörden, daß sie — recht unklug! — die Araber beschworen, zu bleiben und ihnen volle Sicherheit versprachen. Die Hunderttausend, welche zurückblieben genießen nach dem Urteil katholischer Priester von Nazareth mehl Menschenrechte, als einem gewöhnlichen Bürger in den arabischen Staaten von Marokko bis Irak, gewähr! werden.

Nur 400.000 von der halben Million auf dem Gebiete Israels wohnhafte Araber wanderten aus. Schon nach sieben Jahren hatte die Mäi aus ihnen 900.000 gemacht. In der Berichten der UNRWA, ihrer Betreuungsorganisation, findet man verschämt versteckt die Lösung des mathematischen und physiologischen Rätsels: Doppelzählungen, verheimlichte Todesfälle und vor allem Ein- schleichungen in die Lager ohne

Arbeitsverpflichtung, aber mit ausgezeichneten Gesundheits- und Erziehungsverhältnissen erklären die Fälschung.

Das ist die erste Klasse der Flüchtlinge, die es am wenigsten verdient, für die aber am meisten geschieht. Sie säen nicht, sie ernten nicht, aber die halbe Welt erhält sie.

II. Der Mittelstand

Er wird von den dutzenden Millionen echter Flüchtlinge gebildet, die wirklich unter Gefahr ihres Lebens oder ihrer Freiheit, ihrer Vermögen beraubt, vertrieben wurden und in einem Asylland hilfreiche Aufnahme fanden, soweit dieses sie mit seinen Mitteln zu bieten vermochte. Dazu gehören die Millionen, die aus Indien, Pakistan, Algier, dem Sudan, Tibet, Madagaskar, Rotchina, Rwanda, Ghana, Kuba, Osteuropa, einschließlich Ostdeutschlands, und einigen Dutzend anderer Länder vertrieben wurden .oder entkamen, pie Gastländer .suchten, sie mehr oder weniger wirksam über den Verlust ihr Heimat zu trösten und ihnen die Eingliederung in ihre Wirtschaften zu erleichtern — nicht ohne eigenen Vorteil, denn vom Gastland hängt es ab, ob ein Einwanderer eine Last oder einen Schatz bedeutet.

Die ungarische Auswanderung bietet ein Paradigma für die Bewertung von dien Einwanderern. Überall gehörten die höheren Bildungsklassen, im Gegensatz zu den unteren, zu den erfolgreichsten Einwanderern. Das bestätigt die Formel für die Errechnung des wirtschaftlichen Mindestwertes eines Einwanderers für ein bestimmtes Land. Sie bildet den Mittelwert zwischen den Kosten seiner Ausbildung im weitesten Sinn des Wortes und seinen künftigen Erwerbsmöglichkeiten, wenn man ihn machen läßt, was er kann. Den ersten Faktor muß der Einwanderer, den zweiten das Einwanderungsland beistellen. Wenn es ihn nicht leisten laßt, was er kann, drückt es seinen Wert herab. Wenn aber beide Faktoren Zusammentreffen, ergibt das einen ganz überraschenden Wert der Einwanderung. Das Verständnis dafür wird durch kurzsichtige nationale Interessen verdunkelt — um so mehr, je nationalistischer und fremdenfeindlicher ein Land eingestellt ist, das sich dadurch ins eigene Fleisch schneidet.

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