Nicht alternativlos, aber mutig

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Angela Merkel will also weitermachen. Und wie wir Deutschen so sind, haben wir uns noch am Abend ihrer Ankündigung daran gemacht, hingebungsvoll die Schwachstellen dieser Entscheidung herauszuarbeiten. Diese Diskussion ist wichtig. Denn es ist richtig, dass in Krisenzeiten Merkels bisherige Stärke und Strategie des Aussitzens und Kümmerns nicht mehr funktioniert.

Die Meisterin der Konfliktvermeidung wird in einer immer stärker polarisierten Gesellschaft mit Anfechtungen von allen Seiten hart zu (wahl-)kämpfen haben. Eine vierte Kanzlerschaft ist ihr keineswegs sicher. Richtig ist aber auch: Man muss kein erklärter Fan oder Parteigänger sein, um Merkels Entscheidung mutig zu finden. Denn man darf davon ausgehen, dass ihr all dies bewusst ist.

Auch die Tatsache, dass eine weitere Regierungsperiode wohl ihre bisher schwierigste werden würde. Dafür sorgen schon der Brexit, Trump in den USA sowie eine Reihe weiterer testosterongesteuerter Autokraten. Was wäre wohl erst losgewesen, wenn Merkel verkündet hätte, dass sie keine Lust und Kraft mehr hat? Die Kanzlerin gilt derzeit als mächtigste Verteidigerin der freiheitlich demokratischen Grundordnung, der Menschenrechte, der europäischen Werte. Barack Obama wählte Berlin bewusst als letzte Station seiner Abschiedstour. Merkel versammelte zu diesem Anlass alle bedeutenden europäischen Staats- und Regierungschefs.

Aber wie weit eine Wahlempfehlung von Obama trägt, haben wir in den USA eindrucksvoll vorgeführt bekommen. Auch welche politischen Auswüchse der Zorn gegen das (scheinbar alternativlose) Establishment hervorbringt. Dass Angela Merkel nun häufig als alternativlos dargestellt wird, ist so falsch wie beunruhigend. Sie selbst sagt: "Diese Wahl wird so schwierig wie keine seit der deutschen Einheit."

Die Autorin ist Korrespondentin der ARD im Nahen Osten

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