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Nützliche Verschiebung

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Alle anderen arabischen Staaten können aus der Verschiebung der Konferenz nur profitieren. Algerien steht nach der Revolte des Obersten Zbiri und dem Aufbegehren der Gewerkschaftsführer gegen mangelnde Freiheit und Demokratie vor der Wahl, diese Bestrebungen im Keim zu ersticken oder das Regime Bou- medienne einer demokratischen und sozialen Entwicklung zu öffnen. Tunesien hatte ein neuerliches Gipfeltreffen von Anfang an für inopportun erklärt und will vorerst abwarten, ob die Kontakte Gunnar Jariings nicht doch zu einem Modus vivendi mit der jüdischen Bevölkerung in Palästina führen. Der tune sische Präsident Bourghiba hatte sich schon vor Jahren für diese Koexistenz ausgesprochen, was damals notwendig zu einem Zerwürfnis mit der VAR führen mußte. Libyen wiederum ist ganz von seinen internen Problemen in Anspruch genommen, nachdem die Auseinandersetzungen zwischen nationalistischen Sozialrevolutionären und den Verteidigern der alten Ordnung auch in diesem bisher ruhigsten Staat Nordafrikas mit gegen König Idris gerichteten Unruhen zum Ausbruch gekommen sind.

Am deutlichsten ist der Wandel, den Israels dritter Sieg bei den Arabern nach sich geführt hat, in

Ägypten zu spüren, wo man jetzt die Lehren aus der verhängnisvollen internationalen Isolierung und inneren Schwäche der VAR zieht. Die ägyptische Außenpolitik ist erneut bestrebt, ein gesundes Gleichgewicht zwischen Ost und West zu erzielen und jede friedliche Initiative zur Regelung der Nahostkrise zu unterstützen. Demonstrationsobjekt dieser Tendenz ist der Suezkanal geworden, dessen teilweise oder völlige Wiedereröffnung im Mittelpunkt der Kontakte zwischen dem ägyptischen Außenminister Riad und Jarring sowie dem neuen britischen Botschafter in Kairo, Beeley, steht. Nach innen ist Nasser auf die Aussöhnung mit seinen ideologischen und sozialen Gegnern bedacht, die im Falle der Moslembrüder zu Tausenden aus der Halt entlassen, im Falle der vormaligen Großgrundbesitzer und

Kapitalisten besser entschädigt und zur Zusammenarbeit herangezogen werden.

Blick auf den Persischen Golf

Das Augenmerk der arabischen Nationalisten ist zur Zeit mehr auf die Entwicklung am Persischen Golf als auf die festgefaihrene Lage in Palästina gerichtet. Sie hoffen, im Augenblick des britischen Abzugs von den Bahrain-Inseln, der Halbinsel Qatar, den Scheichtümem der Seeräuberküste und aus dem Sultanat von Oman und Maskat dort das Erbe des Empire anzutreten und so mit einem Schlage reiche Erdölvorkommen und eine Operatiansbasds im Rücken Saudi-Arabiens in ihre Hand zu bekommen, während dieses im Jemen verzweifelt darum kämpft, revolutionären Ideen und Strömungen den Platz auf der arabischen Halbinsel streitig zu machen. Großbritannien sucht dieser vorgezeichneten Entwicklung durch iranische und saudi-arabische Garantie für die gegenwärtige Ordnung in seinen Schutzstaaten den Boden zu entzie hen, während sich der Irak und die junge Volksrepublik von Südjemen zu Anwälten der nationalen Sache gemacht haben, die der Hauptgegenstand des Treffens zwischen dem irakischen Präsidenten Aref und Nasser an Kairo ist. Der Staatschef der VAR, der die Briten durch die Sperrung des Suezkanals bereits aus Aden vertrieben hat, soll wohl auch in der Frage des Persischen Golfs denselben Druck ausüben.

Eine dauerhafte Lösung der Zukunft dieser Territorien ist besonders darum wünschenswert, da sie den letzten Reibungspunkt für den arabischen Nationalismus därstellen, der sich nach dessen Wegfall am Ziel sehen und einer von wirtschaftlichen und sozialen Reformen sowie der Errichtung einer beständigen politischen Ordnung bestimmten Phase Platz machen kann. Israel, der Pfahl im Fleisch der Araber, wird sich hingegen nicht so leicht zu friedlicher Koexistenz entschärfen lassen. Es bleibt der unlösbare Rest in allen arabischen Zukunftsplänen und Konzepten.

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