Ökotourismus statt Rinderweide
Wie ein Viehzüchter seinen Landbesitz im kolumbianischen Urwald für Ökotourismus öffnete, anstatt ihn als Weidegrund zu nutzen und abzuholzen. Ein seltener Lichtblick in einer Region, die gerade der Fleischindustrie zum Opfer fällt.
Wie ein Viehzüchter seinen Landbesitz im kolumbianischen Urwald für Ökotourismus öffnete, anstatt ihn als Weidegrund zu nutzen und abzuholzen. Ein seltener Lichtblick in einer Region, die gerade der Fleischindustrie zum Opfer fällt.
Don Alfonso Ovalle sieht eigentlich wie der typische kolumbianische Viehzüchter aus: einen breitkrempigen Strohhut auf dem Kopf, Schnurrbart, sonnengegerbte Haut. Vor knapp zwei Jahrzehnten war er auch noch überzeugt, dass die Rinderwirtschaft ihn und seine Familie ernähren würde. 1995 kaufte er ein Grundstück im Caquetá, einer Region im Süden Kolumbiens, wo der dichte Urwald in den vergangenen Jahrzehnten immer weiter abgeholzt, niedergebrannt und in Viehweiden verwandelt wurde. Die feuchtheiße Gegend knapp nördlich des Äquators wurde gleichzeitig immer mehr in den Strudel des bewaffneten Konflikts hineingezogen. Kleinbauern entdeckten den Coca Strauch als hochrentable Ergänzung zum Subsistenzanbau, die ihnen erlaubte, die Kinder in die Schule zu schicken und sich den einen oder anderen Luxus zu leisten. Für die FARCGuerilla wurden die Plantagen zur sicheren Einkommensquelle, als sie begann, von den Bauern Schutzgelder einzuheben. Im Gegenzug hielt sie ihnen die Armee vom Leib, die mit mechanischen oder chemischen Mitteln gegen die verbotenen Kulturen zu Felde zog. „Der Caquetá war damals das Ende der Welt in Kolumbien. Das Land gehörte niemandem, jeder konnte sich hier niederlassen, Urwald roden und Weidegras säen.“
Das Paradies neu entdeckt
Zwei Generationen später entdeckte Alfonso Ovalle, dass der Wald auf seinem 80 Hektar großen Grundstück ein kleines Paradies war. Als er die abgeholzten Flächen wieder zuwachsen ließ, hielten ihn Nachbarn und Kollegen für verrückt. Sein Plan, Touristen anzulocken, galt als hoffnungslos utopisch: „Die Leute machten sich lustig. Wie sollten Touristen kommen, wenn hier in der Gemeinde La Montañita schon zwei Bürgermeister ermordet wurden und jede Woche zwei bis drei Tote zu beklagen waren?“ Die FARC überfielen Dörfer, und es herrschte Angst auf dem Land. „Aber wir haben trotzdem angefangen.“ Damals herrschten noch Kriegsbedingungen, und ohne Rücksprache mit der Guerilla war nicht daran zu denken, Fremde in den Wald zu bringen. Man musste also ins Gespräch kommen, erinnert sich Don Alfonso: „Ab einem bestimmten Moment stellte sich heraus, dass die FARC eigentlich strategische Verbündete waren weil sie den Wald schützten. Uns haben sie nichts getan, und sie halfen uns, den Wald von illegalen Jägern, Holzfällern und Räubern seltener Tiere freizuhalten. Die Behörden waren dazu nicht imstande.“
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