Österreich - © Foto: Pixabay

"Österreich, übernehmen Sie!"

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Österreich bevorzugt Grundrechtsmodelle von außen.

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Europäisierung ist in den vergangenen Jahren zu einem Leitbegriff in Politik und Recht und zu einer zentralen Kategorie ihrer Analyse geworden. Mit ihr wird ein tiefgreifender und dynamischer Wandel beschrieben, der sich nicht mehr mit traditionellen Begriffen erfassen lässt.

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Europäisierung ist aber auch ein praktisches Konzept für jene, die Veränderungen und Reformen lieber als externe Notwendigkeiten hinnehmen, als Energie und Mut für eigenständige Entscheidungen aufzubringen. Zweiteres ist in Österreich nicht unbekannt. Dort, wo es um die Grundlagen staatlichen Zusammenlebens, um Verfassung und Grundrechte geht, zieht man es gerne vor, Modelle von außen zu übernehmen.

Seit 1920: keine Grundrechte

So war es seit 1920 nicht möglich, sich auf einen Grundrechtskatalog in der österreichischen Verfassung zu einigen. Neben dem Staatsgrundgesetz aus der Monarchie ist daher 1958 auch die Europäische Menschenrechtskonvention Teil der Verfassung geworden - eine europaweit einmalige Lösung. Und auch danach wurde eine Weiterentwicklung der Grundrechte in Österreich nicht durch breite öffentliche Debatten, sondern durch eine Orientierung des Verfassungsgerichtshofes am Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte ausgelöst.

Europaweite Ausnahme

Nach dem eu-Beitritt haben wir den Vorrang europäischen Rechts selbst vor Verfassungsrecht fraglos anerkannt. Vorbehalte bestehen lediglich hinsichtlich der Grundprinzipien der Verfassung. Auch das ist eine europaweit einmalige Situation der Verflechtung von staatlichen und überstaatlichen Institutionen. Im Lichte der Frage nach der Rolle des Staates in einer zunehmend überstaatlichen und transnationalen Welt- und Wirtschaftsordnung kann aber eine solche Bereitschaft zum Austausch von Argumenten über Grenzen hinweg zukunftsweisend sein.

Der Haken an der Sache ist, dass es Gerichte und Fachdiskurse sind, die diesen Wandel des Verständnisses von Staat und Menschenrechten gestalten. Jene, die in einer Demokratie wesentliche Mitgestalter sein sollen - die Bürgerinnen und Bürger, sind jedoch selten eingebunden. In der eu sollten die Einführung einer Unionsbürgerschaft und die Europäischen Konvente da Abhilfe schaffen. Auch für Österreicher schien das Konventsmodell als praktisches Mittel (von außen!), um die festgefahrene Verfassungsreform in Gang zu bringen. Verfahren, wie eben ein Konvent, sind aber selbst keine inhaltlichen Lösungen. Sie enthalten die Möglichkeit, Diskussion und "Europäisierung" zu einer wechselseitigen Herausforderung und einem gemeinsamen Prozess zu machen. Damit das gelingt, braucht es Einbeziehung im Sinne von Information und der Einladung zur Mitgestaltung. Das Warten auf externe Notwendigkeiten ist zu wenig.

Der Autor ist Mitarbeiter im Parlamentarisch-Wissenschaftlichen Dienst der Parlamentsdirektion.

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