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Offiziersputsch gegen Feisal

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Saudi-Arabien, seit mehr als zwei Jahren eines der ruhigsten nahöstlichen Länder, erlebte kürzlich einen (allerdings mißglückten) Umsturzversuch. Eine Offiziersgruppe, über deren Größe und Einfluß noch ebenso wenig bekannt ist wie über ihre politischen Motive, wollte König Feisal ermorden und die Macht an sich reißen. Hintergründe, Ursachen und Ziele des Putsches liegen völlig im Dunkel. Auch über den Hergang schweigen die Behörden. Das Land unterliegt einer totalen Nachrichtensperre. In Erfahrung zu bringen war jedoch, daß mehr als 40 Militärs und Zivilisten verhaftet wurden und daß der amerikanische Geheimdienst „Central Intelligence Agency“ (CIA) maßgeblich daran beteiligt war, die Verschwörung rechtzeitig aufzudecken. Auf die Verschwörer wartet der Henker. Saudi-Arabien gehörte bis jetzt zu den geheimen Nutznießern des israelischen Sieges im Sechstagekrieg. In dem Jahrzehnt zwischen 1952 und 1962 brachten unvorstellbare Mißwirtschaft und Korruption unter dem ältesten überlebenden Sohn des Staatsgründers Abdel Asis

Ibn Saud, König Saud I., und die von Kairo gesteuerte Subversionstätigkeit das ölreiche arabische Kernland an den Rand des Ruins. Ende 1964 wurde der unfähige Monarch gestürzt; er starb Anfang dieses Jahres im Athener Exil. Ihm auf den Thron folgte der jüngere Bruder Feisal. Er verwirklicht die dringendsten sozialen und wirtschaftlichen Reformen und verschaffte dem Land eine innerpolitische Atempause. Der Auagang des Junikrieges 1967 machte ihm auch außenpolitisch Luft. Präsident Abdel Nasser lebt seitdem maßgeblich von saudischen Almosen (jährlich 50 Millionen Pfund Sterling) und verzichtet dafür auf jegliche Umsturzpropaganda. Das beruhigte schlagartig nicht nur die explosive innerpolitische Situation Saudi-Arabiens, sondern auch den mehr als fünf Jahre dauernden Jemenkrieg und die Lage in den Scheichtümern am Persischen Golf.

Feisals Alleingang

Das Königreich der muselmanischen Heiligtümer, des Erdöls und der Wüste entzog sich der bis dahin töd-

lich scheinenden Umklammerung. König Feisal startete sogar eine außenpolitische Gegenoffensive. Auf der ersten arabischen Gipfeltagung nach dem Sechstagekrieg,, in Khar-tum, gewährte er zwaT seinem alten Widersacher Abdel Nasser gnädig einen jährlichen Griff in die wohlgefüllte fürstliche Schatulle. Doch je mehr der Nildiktator zu einem Vernunftfrieden mit Israel zu neigen schien und sich dazu von einer neuen Konferenz ermächtigen lassen wollte, um so hartnäckiger opponierte der König gegen einen weiteren Gipfel. Obwohl auch sein Vetter Hussein II. von Jordanien an einer friedlichen Lösung interessiert ist, widersetzte sich Feisal jedem derartigen Versuch. Er dürfte damit rechnen, daß, je länger der Palästinakonflikt dauert, Abdel Nasser um so sicherer doch noch stürzt und der sowjetische Einfluß in Ägypten beseitigt werden kann. Heute ist längst klar, daß die Entspannungsgegner nicht nur in den „revolutionären Zentren Damaskus, Bagdad, Khartum und Algier sitzen, sondern

auch in dem erzkonservativen ErRiad.

Im Inneren wappnete sich der König für künftige äußere Zusammenstöße. Er verwendet gegenwärtig 27 Prozent des Jahresbudgets für Rüstungszwecke, Saudi-Arabien verfügte früher nur über eine im Bedarfsfall zu rekrutierende Stammestruppe. Die erst ans atz weise vorhandene reguläre Armee wurde inzwischen erheblich vergrößert und modernisiert. Es entstand auch eine schlagkräftige Luftwaffe, und man verfügt über Raketenbasen. Trainiert wird die junge Armee von britischen und amerikanischen „Technikern“; die meisten von ihnen sind wahrscheinlich für diese Sonderaufgabe freigestellte USA-Militärs.

Saudi-Arabien scheint also besser denn je gerüstet für weitere Auseinandersetzungen mit den revolutionären Bruderregierungen. Der von einer Offiziersgruppe ausgehende Putschversuch zeigt aber wieder einmal, wie gefährlich schlagkräftige Armeen für die innerpolitische Entwicklung arabischer Staaten sind.

Der mißlungene Umsturz beweist auch, daß nicht nur die subversive Propaganda Kairos oder bezahlte Agenten schuld sind an den blutigen Machtwechseln, die zwischen Atlantik und Persergolf gang und gäbe sind. Ein Land wie Saudi-Arabien kann erst zur Ruhe kommen, wenn sein mittelalterliches Feudalsystem durch, ein fortschrittliches Regime ersetzt worden ist, das für politische Mitbestimmung der Massen, wirtschaftliche Prosperität und soziale Gleichberechtigung sorgt.

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