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Panarabisches Trio

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Das letzte der schon recht zahlreichen Dreiertreffen Ägyptens des Sudan und Libyens in Kairo, auf dem erstmals der neue VAR-Präsident Anwar El-Sadat den Vorsitz führte, hat der Einigungsbestrebungen der drei nordafrikanischen Araberstaater stärkere Impulse gegeben als alle früheren Tagungen seit dem historischen Treffen von Tripolis zum Jahreswechsel 1969/70, bei dem die Staatschefs Nasser, Numeiry und Kazafy den Dreibund ihrer Länder aus der Taufe gehoben hatten.

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Das letzte der schon recht zahlreichen Dreiertreffen Ägyptens des Sudan und Libyens in Kairo, auf dem erstmals der neue VAR-Präsident Anwar El-Sadat den Vorsitz führte, hat der Einigungsbestrebungen der drei nordafrikanischen Araberstaater stärkere Impulse gegeben als alle früheren Tagungen seit dem historischen Treffen von Tripolis zum Jahreswechsel 1969/70, bei dem die Staatschefs Nasser, Numeiry und Kazafy den Dreibund ihrer Länder aus der Taufe gehoben hatten.

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Damals war das mehr ein Notverband nach dem Zusammenbruch der panarabischen Aktionseinheit auf dem V. Arabergipfel von Rabat gewesen, der vor allem auf wirtschaftliche Integration abzielte und politisch über die Abstimmung der Außenpolitik nicht hinauskam. Khar-tum und Tripolis ^hüteten sich, ihre Eigenstaatlichkeit zugunsten der Befugnisse des in Kairo etablierten politischen Förderationskomitees abzubauen, und sogar während des gefährlichen Mahdisten-Aufstandes vom Frühjahr verzichtete der Sudan auf die angebotene ägyptische Militärhilfe. Voll bewährt hat sich die Achse vom Nil zu den libyschen öl-feldern hingegen in interarabischen Fragen, wo sie zur Hauptstütze des nahöstlichen Waffenstillstandes geworden ist. Ohne den massiven Rückhalt bei Kazafy und Numeiry wäre es selbst der überragenden Persönlichkeit eines Nasser schwergefallen, die mdlitante Kritik aus Bagdad, Damaskus, Algier und dem Lager der Palästinenser so einfach in den Wind zu schlagen. Gerade Nassers Figur, zu der die jungen Revolutioosführer Numeiry und Kazafy wie zu einem Vater aufblickten, scheint aber auch ihre Anschlußambitionen an die VAR gebremst zu haben. Beide mußten sich sagen, daß sie als Vizepräsidenten der geplanten neuen „Vereinigten Arabischen Republik“ aus Ägypten, dem Sudan und Libyen neben Nasser nicht viel zu reden hätten, und ihre Länder fortan als ägyptische Provinz verwaltet werden würden. Der Mißerfolg in Syrier«, der auf den übergroßen Zentralismus der Kairoer Behörden zurückzuführen war, lag immer noch als Belastung auf allen arabischen Sammlungsbestrebungen.

Um so schneller haben sich jetzt nach Nassers Tod der libysche und sudanesische Führer mit dem mit ihnen auf einer Stufe stehenden Anwar El-Sadat geeinigt. Die drei Staaten sollen auch politisch einen Bund bilden, an dessen Spitze die kollektive Führung ihrer Präsidenten steht. Kollektive Führungsgruppen sind in Kairo seit Nassers Abtreten ganz an der Tagesordnung, und außerdem haben sowohl Numeiry wie Kazafy gewisse Ambitionen, in der ägyptischen Politik mitzumischen. Beide betrachten sich als ettenso legitime Naseer-Erben wie Sadat, Sabry oder Gomaa unter den Ägyptern, Kazafy wurde von vielen VAR-Bürgern sogar als Nachfolger Nassers gewünscht und Numeiry hatte schon beim Begräbnis die Leitung der Trauerfeieriichkeiten an sich gerissen.

Abgesehen vom dem Interesse der jungen Militärregierungen in Khar-tum und Tripolis an ihrer Rückendeckung durch Ägypten und den persönlichen Hoffnungen ihrer Spit-zenmäriner, ihre politischen Ziele und Ambitionen so über das eigene Land hinaus verfolgen zu können, drängen auch breitere Kräfte nach der Integration dieses Großraumes von fünf Millionen Quadratkilometern mit heute mehr als 50 Millionen Einwohnern, das ist die Hälfte der gesamten arabischen Nation. Leben in der ägyptisch-sudanesischen Annäherung die alten historischen Bande des „anglo-ägyptischen Sudan“ und des kurzlebigen Doppelkönigreiches „Ägypten-Sudan“ wieder auf, so haben beide Länder den libyschen ölsegen wirtschaftlich ebenso nötig, wie Tripolis auf die Assistenz der Ägypter bei seiner industriellen und der Sudanesen bei seiner agrarischen Entwicklung angewiesen ist. Diese bereits engmaschige wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen den drei Partnerstaaten hat den bisherigen und wenig erfolgreichen arabischen Iwtegra-tionsversuchen, dem „Gemeinssamen

Arabischen Markt“ der VAR, Jordaniens, Syriens, des Iraks, Kuwaits und des Jemens sowie der „Maghre-binischen Wirtschaftsunion“ zwischen Libyen, Tunis, Algerien und Marokko so ziemlich das Lebenslicht ausgeblasen.

Vor Schwierigkeiten steht das Förderationsobjekt hingegen angesichts der recht unterschiedlichen politischen und sozialen Struktur in den beteiligten Ländern: In der VAR ein Staatssozdaillsmus, der sich bei aller Freundschaft mit der Sowjetunion ideologisch doch mehr nach dem Islam als nach dem Marxismus richtet und der in den Bauern der agrarkooperativen und der wachsenden Industriearbeiterschaft über eine sich verbreiternde Basis verfügt. Im Sudan herrscht hingegen erat geringe Differenzierung der über-

um so vielfältiger ist hingegen das politische Bild. Abgesehen von den seit der Machtergreifung Numeirys im Mai 1969 im Untergrund vorhandenen Parteien sind sowohl Kommunisten wie die Oberschicht repräsentierende Umma-Politiker weiter in der Militärregierung vertreten, und in Libyen fehlt jede soziale Komponente der national-islamischen Revolution Kazafys. Wie aber in Kairo verlautet, soll an diesen internen Verhältnissen in keiner Weise gerüttelt werden, da das den Anschluß weiterer Länder an den Staatenbund erschweren möchte. Dabei blickt Ägypten jetzt wieder auf Syrien, das in seiner schwierigen Situation zwischen internen Machtkämpfen und der Rivalität mit dem Irak der VAR schrittweise näherrückt.

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