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Partisan im Zwielicht

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Die „Palästinensische Befreiungs-Organisation“ (PLO), von „El-Fa-tah“-Chef Abu Ammar alias Jassir Arafat geleiteter Dachverband acht arabischer Guerillagruppen, ist jetzt in eine ernste Krise geraten. Ihre Ursache sind wachsende Kritik am autokratischen Führungsstil Arafats und zunehmende Meinungsverschiedenheiten zwischen gemäßigtem und radikalem Flügel über die künftig gegenüber den Gastländern und dem Feind einzuschlagende Taktik. Ihr auslösender Faktor war die Entlassung des bisherigen Befehlshabers der „Palästinensischen Befreiungsarmee“ (PLA) General Osman Had-dad.

Die PLA ist nicht identisch mit dem militärischen Arm von „El-Fatah“, „El-Assifa“ („Der Sturm“). Haddads Formationen bestanden schon vor dem Sechstagekrieg im Gasastreifen. Der letzte PLO-Chef, der frühere Jerusalemer Rechtsanwalt Jachja Hammuda, brachte sie in die von dem ägyptischen Diktator Abdel Nasser gestiftete Zwangsehe mit Arafat ein. 1967 soll sie, allerdings nach eigenen Angaben, rund 20.000 Soldaten umfaßt haben. Heute zählt sie bestenfalls noch einige tausend Mann ohne nennenswerten strategischen Wert. Dessenungeachtet gilt sie als nicht leicht beiseite zu schiebender Machtfaktor innerhalb der PLO. Zudem ist sie besser ausgebildet und disziplinierter als „El-Assifa“.

In letzter Zeit litt die PLO jedoch häufig unter akutem Geldmangel. Arafat nahm es wohl mit der gerechten Verteilung der ihm zugeflossenen Mittel an die Unterorganisationen des Dachverbandes nicht allzu genau. Er behielt für „El-Fatah“ und „El-Assifa“ mehr und gab der PLA und anderen Gruppen weniger Mittel, als ihnen zugestanden wäre. Seine Absicht war klar: Auf diese Weise wollte er die ihm gefährlich erscheinende militärische Konkurrenz allmählich „austrocknen“.

General Haddad blieb das nicht verborgen, und er warf dem PLO-Exekutivausschuß vor, dieser habe seiner Streitmacht Finanzmittel vorenthalten und Millionen Dinare zweckentfremdet verwendet. Diese

Kritik zielt erstmals an die Wurzeln der von den Guerrilleros praktizierten undurchsichtigen Geldwirtschaft. Keine der Gruppen gibt Spendern oder Mitgliedern Rechenschaft über die Finanzlage und die Verwendung der Mittel. Millionen fließen in private Taschen, Millionen dienen der Bestechung arabischer Politiker. Es ist kaum anzunehmen, daß der gehaßte General schweigen wird. Ganz abgesehen davon, daß er eine weitere palästinensische Splittergruppe gründen dürfte, drohte er auch bereits mit der Enthüllung einiger bisher geheimgehaltener Skandale. Wenn er seine Drohung wahrmacht, geht es möglicherweise um den Kopf Jassir Arafats, des Hauptverantwortlichen für diese Skandale.

Der ,E1-Fatah“-Chef stilisierte sich mit Hilfe eines gut geölten Propagandaapparates in den verflossenen drei Jahren zum reinen Idealisten. Eine der am häufigsten wiederkehrenden Behauptungen lautet, er habe sein gesamtes durch den kuwaitischen Baumboom erworbene Millionenvermögen uneingeschränkt für den Befreiungskampf geopfert. Bisher blieb er jedoch jeden Beleg dafür schuldig. Niemand kann nachweisen, ob er 1967 überhaupt Privatmittel besaß und wohin sie geflossen sein könnten. Sicher ist nur, daß er heute über immense Gelder verfügt und Villen in Kuwait, Beirut und Kairo besitzt. Sie können gerade so gut durch private Summen als auch aus den Reserven der PLO finanziert worden sein. Entweder ist die rührselige Opfergeschdchte ein Zweckmärchen oder er bereicherte sich aus den Spenden arabischer Regierungen und ziviler Sympathisanten.

„Abu Ammar“ gibt sich gegenwärtig noch als „starker Mann“. Er feuerte einfach den ihm gefährlichen General Haddad, verfügt weiter selbstherrlich über die Spendenmillionen und vergnügt sich in seinen verschwiegenen Luxusabsteigen mit willfährigen Lustknaben. Er baut auf die Unterstützung der Araberstaaten und auf sein künstlich erzeugtes Charisma. Doch seine Machtstellung ist nicht mehr unangefochten, und wenn seine Gegner reden und er ihnen nicht durch eines der in diesen Kreisen üblichen Mordkomplotte zuvorkommen kann, geht es ihm früher oder später an den Kragen. Wie nahe dieser Zeitpunkt bereits gekommen ist, zeigen die sich häufenden Attentate auf sein Leben.

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