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Patriarch Pavle: "Gerechtigkeit für den Kosovo!"

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Patriarch Pavle, das Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche, stellte sich in Belgrad den Journalistenfragen.

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Patriarch Pavle, das Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche, stellte sich in Belgrad den Journalistenfragen.

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Wie wird die Lage im Kosovo besser?

Patriarch Pavle: Das liegt sehr an der internationalen Gemeinschaft: Die muss sich mehr Mühe geben, dass man eine friedliche Lösung findet. So viele Kirchen sind zerstört und Leute gekidnappt worden: Es scheint, seit der Ankunft der KFOR-Truppen ist mehr Unheil geschehen als davor! Wenigstens Grundbedürfnisse sollten befriedigt werden: Recht auf Arbeit, auf Leben, Gesundheit, Versorgung, die Rückführung der Flüchtlinge. Ich setze mich für die Gewährleistung wenigstens eines Minimums an Demokratie ein, um dadurch die Koexistenz zu gewährleisten, wie das auch vor dem Krieg möglich war: Da haben die Leute ja auch zusammengelebt. Man soll bei der Findung von Lösungen auch nicht zwei Maßstäbe angelegen! Also bitte ein Minimum an Gerechtigkeit, ein Minimum an Freiheit, ein Minimum an Demokratie.

Die Kirche von Mazedonien hat sich von der serbischen abgespalten: Kann in Montenegro etwas Ähnliches geschehen?

Pavle: Wir sind dieselben Völker, sprechen dieselbe Sprache, haben dieselben wirtschaftlichen und kirchlichen Interessen. Ich habe die Hoffnung, dass Serbien und Montenegro zusammenbleiben. Ich möchte aber auch das Schisma (mit Mazedonien, Anm.) ansprechen: In der Kirchengeschichte gab es immer wieder Schismen. Aber ich habe den Eindruck, dass bei den früheren Schismen die Menschen mehr Feingefühl für Einheit hatten als die heutigen Schismatiker: Diese sehen nicht, dass sie zwar eine gute Organisation und auch den Glauben an die heilige Dreifaltigkeit haben können. Aber sie können als Schismatiker keinen Anspruch auf Heil haben! Schon der heilige Augustinus hat gesagt, dass die Schismatiker nicht darauf pochen können, Gott als Vater zu haben. Als Christ muss man sich immer vor Augen halten, dass man den Glauben nicht nur glaubt, sondern auch lebt: Jeder, der sich Christ nennt, muss sich also benehmen können. Oft können die Leute, die meinen, eine Kirche zu führen oder zu vertreten, sich nicht benehmen. Und dann kommt es zu diesen Schismen.

Wie ist das Verhältnis der serbisch-orthodoxen Kirche zum serbischen Staat?

Pavle: Die Kirche ist keine politische Organisation. Beim Machtwechsel 2000 hat die Kirche - weil es zu Unruhen kam - vom Staat gefordert, die Ergebnisse der Wahl zu respektieren, weil das der Wille des Volkes ist. Dafür hat die Kirche sich eingesetzt. Heute genießt die Kirche das Recht, in den Schulen Religionsunterricht zu erteilen. Das ist schon ein großer Schritt vorwärts. Sie hat auch freien Zutritt zum Militär und in den Krankenhäusern.

Wird es zu einem Besuch des Papstes in Belgrad kommen?

Pavle: Vor einigen Jahren ist ein päpstlicher Delegat mit der Frage zu mir gekommen, ob Seine Heiligkeit, der römische Papst, Belgrad besuchen kann. Ich antwortete damals, dass ich allein als Patriarch darüber nicht entscheiden kann, das muss eine Bischofsvollversammlung beschließen. Wir haben uns ausgesprochen und haben so geantwortet, dass damals für den Papst noch nicht der Zeitpunkt wäre, weil wir dachten, dass der Besuch nicht so konstruktiv sein würde, wie er sein sollte. Wir wollten also noch abwarten. Was aber nicht heißt, dass wir gegen einen Besuch des Papstes sind, sondern wenn der Papst kommt, soll es auch wirklich konstruktiv sein!

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