Patriarch Porfirije: „Kosovo - für uns nicht bloß ein Mythos“
Seit einem Jahr ist Porfirije, der Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche, im Amt. Der ökumenisch aufgeschlossene Kirchenführer hofft auf eine auch für die Serben lebbare Lösung im Kosovo.
Seit einem Jahr ist Porfirije, der Patriarch der serbisch-orthodoxen Kirche, im Amt. Der ökumenisch aufgeschlossene Kirchenführer hofft auf eine auch für die Serben lebbare Lösung im Kosovo.
Er ist ein „junger“ Patriarch: Im Februar 2021 wurde Porfirije, bis dahin Metropolit von Zagreb, zum Oberhaupt der serbisch-orthodoxen Kirche gewählt: Damals war deren Bischofsversammlung in Belgrad zusammengekommen, um den Nachfolger des verstorbenen Patriarchen Irinej zu wählen. Drei Kandidaten wurden durch Wahl bestimmt, aus dieser Liste wurde per Losentscheid der Name Porfirije gezogen – mit 59 Jahren der jüngste der drei.
Schon als Metropolit von Zagreb ab 2014 bewies Porfirije großes kirchenpolitisches Gefühl, stand er doch einer Diaspora-Diözese in einem Land vor, das in den 1990-ern mit Serbien im Krieg war. Von Anfang an mühte sich Porfirije um ökumenische Offenheit, sein Verhältnis zum katholischen Kardinal Josip Bozanić galt als freundschaftlich. 2016/17 war Porfirije auch Mitglied der von Papst Franziskus eingesetzten Historikerkommission zu Kardinal Aloijzije Stepinac (1898–1960): Dessen Heiligsprechungsprozess stellt den
größten Stolperstein zwischen der katholischen Kirche und der serbischen Orthodoxie dar, die Stepinac Verstrickungen ins Ustascha-Regime vorwirft.
„Im Kosovo ist Platz für alle“
Zu ökumenischer Offenheit bekannte sich Porfirije auch gegenüber den Journalisten, die aus Österreich angereist waren. Das Gespräch fand am 23. Februar Stunden vor dem russischen Einmarsch in die Ukraine statt. Auf die eskalierende Lage angesprochen, meinte Porfirije: „Lieber hundert Tage verhandeln, als einen Tag Krieg führen.“ Leider ein frommer Wunsch.
Dabei machte Porfirije klar, dass er im ukrainischen Kirchenstreit – die Orthodoxie hatte sich in eine von Konstantinopel unterstützte autokephale und in eine dem Moskauer Patriarchat unterstellte Kirche geteilt – auf der Seite der moskautreuen Orthodoxen stehe. Auch vor den Kriegshandlungen war die Situation komplex. Nach traditionellem Usus sollte der serbische Patriarch als erstes den Ökumenischen Patriarchen von Konstantinopel besuchen, was aber angesichts von dessen Rolle im ukrainischen Kirchenstreit zurzeit nicht auf der Agenda steht, wie Porfirije klarmachte.
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