Pole, Europäer, Katholik von seltenem Format

Werbung
Werbung
Werbung

Er war eine der Lichtgestalten jener licht- und hoffnungsvollen Zeit der Jahre 1989 ff., gewiss in einem Atemzug zu nennen mit Václav Havel oder Lech Walesa, wenngleich nicht ganz so prominent. Tadeusz Mazowiecki verkörperte jenes Polen, jenes Europa, von dem man hoffen mochte, es werde nun, nach dem Ende der Teilung des Kontinents, aus den Trümmern des 20. Jahrhunderts erstehen. Am vergangenen Montag ist Mazowiecki 86-jährig verstorben.

"Einen besseren Lehrer habe ich im Leben nicht getroffen“, sagte der amtierende polnische Premierminister Donald Tusk über seinen Vorgänger im Amt, den ersten nichtkommunistischen Regierungschef des Landes seit dem Zweiten Weltkrieg. Als katholischer Intellektueller, moralische Autorität und Politiker hat Mazowiecki maßgeblich zum friedlichen Machtwechsel in Polen beigetragen. Bereits in den sechziger und siebziger Jahren in der Opposition engagiert, u. a. als Chefredakteur der von ihm 1958 gegründeten katholischen Monatszeitschrift Wie´z (dt. Bindung), war er in den Achtzigern einer der führenden Berater der Solidarno´s´c. Im Frühjahr 1989 saß er mit am Runden Tisch, an dem jener Kompromiss über die Zukunft Polens ausgehandelt wurde, der die Erosion des Ostblocks einleiten sollte; im September dieses Jahres wurde er schließlich Premier.

In einem großen FURCHE-Interview vor ziemlich genau zehn Jahren nahm Mazowiecki zur damals aktuellen Debatte um die EU-Verfassung prägnant Stellung: "Für mich ist klar, dass das Christentum zu den stärksten Fundamenten der europäischen Zivilisation gehört. Von daher wäre es für mich eine Frage der Objektivität, dass das Christentum Eingang in die Präambel findet“, sagte Mazowiecki - und fügte hinzu: "Man kann und soll auch griechische Philosophie, römisches Recht, Humanismus, auch den Islam nennen; es geht nicht darum, irgendetwas auszuschließen.“ Von wem ließen sich heute solch klare Worte zur europäischen Identität vernehmen? Und wo gibt es noch diese tief verwurzelte, ganz selbstverständliche und dennoch offene Katholizität?

Auch seine Worte über das Verhältnis zwischen den USA und Europa hätten - gerade in diesen Tagen - unvermindert Gültigkeit: "Die Amerikaner dürfen nicht unilateral agieren; und die Europäer müssen konsequent sein in ihrem Festhalten an der transatlantischen Verbindung.“

Nicht nur Polen, ganz Europa hat Grund sich in Dankbarkeit und Respekt vor einem der Großen des 20. Jahrhunderts zu verneigen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung