Polen: An gefährlichen Grenzen
Polen bewegt sich unter seiner rechten Regierung an zwei gefährlichen Abgründen: jenem zum Autoritarismus und jenem der Mitgliedschaft in der EU, wie sie heute funktioniert.
Polen bewegt sich unter seiner rechten Regierung an zwei gefährlichen Abgründen: jenem zum Autoritarismus und jenem der Mitgliedschaft in der EU, wie sie heute funktioniert.
Noch ist Polen nicht verloren“ – so lautet der erste Vers der polnischen Nationalhymne. Doch sowohl die Entwicklungen in Polen selbst als auch jene, in denen die polnische Regierung im EU-Kontext agiert, scheinen diese über 220 Jahre alten Liedzeilen zu widerlegen. Die seit sechs Jahren in Warschau regierende Recht und Gerechtigkeit (PiS) hat das Land in einen Ausnahmezustand hineingeführt, aus dem nur schwer ein Ausweg zu erkennen ist: einerseits ein Ausweg aus der demokratiefeindlichen Spirale im Land selbst, aber auch aus dem Konflikt, der zwischen Brüssel und Warschau rund um die Frage des Vorrangs von EU-Recht gegenüber der Landesverfassung entbrannt und jüngst im EU-Parlament für die europäische Öffentlichkeit sichtbar geworden ist.
Justizkompetenzfelder
Der Konflikt der PiS mit Brüssel rund um das Urteil des polnischen Verfassungstribunals vom 7. Oktober geht über Warschaus Widerstreit mit der EU-Kommission sowie anderen EU-Institutionen wie dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) hinaus. Vielmehr hat er das Potenzial, die EU und ihre Mitgliedsstaaten in eine Debatte zu verstricken, die die Fundamente der EU als solche infrage stellen könnte. Das polnische Verfassungstribunal entschied in seinem Urteil, dass mehrere Bestimmungen des EU-Vertrags mit Polens Verfassung nicht vereinbar seien. Konkret ging es um die Frage, ob polnische Richter sich auf Urteile des EuGH berufen dürfen, wenn sie polnische Gesetze, die das Gericht in Luxemburg als nicht vereinbar mit EU-Recht einstuft, nicht umsetzen. Das Warschauer Urteil ging auf eine Klage des polnischen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki zurück.
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