Polen

Polen: Die Regierung auf der Kippe

19451960198020002020

Polens rechte PiS-Regierung wackelt heftig, weil sie einen kritischen USTV-Nachrichtensender kaltstellen will. Vieles deutet nun auf baldige Neuwahlen – doch ist die Opposition überhaupt bereit?

19451960198020002020

Polens rechte PiS-Regierung wackelt heftig, weil sie einen kritischen USTV-Nachrichtensender kaltstellen will. Vieles deutet nun auf baldige Neuwahlen – doch ist die Opposition überhaupt bereit?

Werbung
Werbung
Werbung

In Polen stehen turbulente Wochen und Monate bevor. Die Regierungskoalition der Vereinten Rechten, angeführt von der „Recht und Gerechtigkeit“ (PiS), fällt auseinander. PiS-Chef Jarosław Kaczyński ist seit dem 11. August auf Parlamentsstimmen von unabhängigen Abgeordneten und Splittergruppierungen angewiesen, nachdem er den bisherigen Kleinkoalitionär „Porozumienie“ aus der Regierung geworfen hatte. Doch das mögliche Scheitern und immer wahrscheinlichere Neuwahlen (bisheriger Termin: Herbst 2023) sind hausgemacht – sie resultieren vor allem aus einer Novelle, die auch im Ausland für Aufsehen sorgte: das versuchte Kaltstellen der in Polen einflussreichen TV-Senderfamilie TVN des US-Konzerns Discovery.

Die in der Öffentlichkeit informell als „Lex TVN“ bezeichnete Novelle zielt offiziell zwar nicht auf den genannten Sender ab, sondern verböte generell, dass Unternehmen mit Sitz außerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) mehr als 49 Prozent an TV- und Rundfunksendern in Polen halten. Die vordergründige Argumentation der Regierung: Es gehe nicht um TVN und ihren quotenstarken Nachrichtenkanal TVN24, vielmehr müsse der polnische Medienmarkt als solcher vor potenziellen Investoren aus Russland, China oder den arabischen Staaten geschützt werden.

In der Tat gibt es ähnliche Regelungen und Begrenzungen in vielen Ländern, zum Beispiel in den USA, in Deutschland, Frankreich und auch in Österreich. Doch im Kern geht es der PiS nicht um Regulierung, sondern um das Kaltstellen kritischer Medien und die Erweiterung ihres eigenen Einflusses. Zuletzt ließ sie Ende 2020 durch den staatlichen Ölkonzern „Orlen“ mehrere Hundert Regional- und Lokalzeitungen sowie Internetportale von der deutschen Verlagsgruppe Passau aufkaufen und gewann Zugang zu 17 Millionen Leser(inne)n und Nutzer(inne)n. Ganz ohne Gesetzesänderungen – etliche Journalisten und Journalistinnen dieser Medien wurden schon geschasst.

Druck aus den USA

Womöglich aber hat Kaczyński bei der „Lex TVN“ überdehnt. Und dies nicht nur, weil er für das Gesetz seine knappe Mehrheit opferte. Denn zum einen steht in den Sternen, ob das Gesetz überhaupt in Kraft tritt. Es könnte zwar die zwei ausstehenden Parlamentshürden nehmen, doch letztlich am möglichen Veto scheitern, das Staatspräsident Andrzej Duda, eigentlich ein Schoßhund der PiS, nur Tage nach der Verabschiedung angedeutet hat. Dass Duda sich gegen seinen Mentor Kaczyński wenden könnte, hat indes vor allem mit dem Druck der US-Amerikaner zu tun, die es alles andere als gern haben, wenn ihre Auslandsinvestments in Mitleidenschaft gezogen werden.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung