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Präsenz am Ort der Entscheidungen

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Was wollen die Unternehmer primär von der Politik? Vor allem eines: Daß sie von sich aus die marktwirtschaftliche Ordnung ermöglicht und zugleich die Existenz von freien Unternehmern nicht nur duldet, sondern auch fördert. Auf diese Weise würde die Politik einen Beitrag zur Eigenverantwortung leisten und wäre darüber hinaus imstande, sich für die Lösung gesamtgesellschaftlicher Probleme freizumachen.

Was haben die Unternehmer der Politik zu bieten? Vor allem eines: Eine realistische Sicht der Dinge und das Denken in Kosten-Nutzen-Kategorien, wie es heute in der Verwaltung nicht immer und überall angewendet wird. Es hat in der österreichischen Politik immer wieder Unternehmerpersönlichkeiten gegeben, die sich durch Leidenschaft, Verantwortungsgefühl und das rechte Augenmaß ausgezeichnet haben. Ich nenne hier nur zwei für alle: unseren Staatsvertragskanzler Julius Raab und Rudolf Sallinger.

Für den in der Politik engagierten Unternehmer - sei es in Gemeinderäten, Landtagen oder im Parlament, sei es als Bürgermeister oder Minister - ist es häufig notwendig, unpopuläre Wahrheiten deutlich auszusprechen, auch wenn er damit manchmal gegen den Strom der Zeit und gegen den Zeitgeist zu schwimmen scheint. Wenn der Unternehmer, wenn die private Wirtschaft nicht mehr den Willen aufbringen, für ihre Grundsätze in der Politik und in der Öffentlichkeit einzustehen, dann müßte sich die Prophezeiung jener Ideologen erfüllen, die vom Ende aller Ordnungen sprechen. Der Soziologe Robert Michels hat in diesem Zusammenhang treffend vom geschichtlichen Gesetz geschrieben, wonach Völker, Gesetze, Ordnungen, Institutionen und gesellschaftliche Gruppen erst dann restlos überwunden werden konnten, wenn sie an ihrer eigenen Existenzberechtigung zweifelten. Letztlich ist keine soziale Auseinandersetzung in der Geschichte jemals dauerhaft gewonnen worm. den, wenn der Verlierer nicht von vornherein moralisch geschwächt worden wäre.

Wir Unternehmer müssen die Kraft haben, Übertreibungen und Überforderungen in der Wirtschaftspolitik, in der Steuer- und Sozialpolitik sowie zerstörerische Kritik, woher sie auch immer kommen mag, mit sachlichen Argumenten und politischem Mut entgegenzutreten. Denn die Entscheidungen über die Zukunft der Wirtschaft und des Sozialstaates fallen nicht nur in den Leitungen der Unternehmen, sondern vor allem in der täglichen Kleinarbeit in der Politik.

Ich bin fest davon überzeugt, daß die Zukunft der Unternehmerwirtschaft wesentlich davon abhängen wird, ob und wieweit es gelingt, auf allen politischen Ebenen bei der Mitgestaltung von Staat, Wirtschaft und Gesellschaft als Unternehmer aktiv mitzuwirken. Deshalb brauche ich nicht länger zu begründen, warum mehr Unternehmer in die Politik gehen sollten und warum ich auch als Präsident der Wirt Schaftskammer Österreich, somit als Interessenvertreter, Mitglied des Nationalrates bleiben werde.

Letztlich ist jeder, der in eine Funktion gewählt wird, Interessenvertreter. Dies gilt für Pfarrkirchen-rate und Elternvereine genauso wie für Gemeinderäte, Landtage und für das Parlament. Insofern kann ich mich über das demokratiepolitische Verständnis von Leuten nur wundern, welche die Vertretung von Interessen im Parlament (dann aber wohl auch aus Gemeinderäten und Landtagen) abschaffen wollen.

Gesetzentwürfe werden wie in allen pluralistischen Gesellschaften in vorparlamentarischen Räumen verhandelt und im Parlament beschlossen. Dort werden demokratische Entscheidungen getroffen, für die alle Interessenvertreter - gleich welche Interessen sie vertreten - die politische Verantwortung tragen. Dies ist gut so und richtig. Dazu bekenne ich mich, auch wenn mancher Kompromiß schmerzt. Wäre es umgekehrt, müßte man das Parlament zum Befehlsempfänger außerparlamentarischer Entscheidungen degradieren. Ich gehe davon aus, daß diese Vorstellung niemandem wirklich gefallen kann.

Der Autor ist

Präsident der

Wirtschaftskammer Österreich

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