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Salzburg bleibt stabil

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Der Salzburger Februar 1966 unterscheidet sich vom Februar 1965 nur durch das strahlende Wetter. Die bevorstehende Nationalratswahl bringt dagegen kaum jemanden in Aufregung. Wohl sind die Großkundgebungen der Parteien — vor allem auf dem Lande — gut besucht, doch locken nur die Spitzenpolitiker das Volk an. Das Bild der Straßen wird von Wahlplakaten geprägt: Gerade wegen des relativ hohen Prozentsatzes der noch unentschiedenen Wähler kämpfen die Wählmanager gegen die offenkundige Lethargie.

ÖVP: 100.000 Stimmen

Die österreichische Volkspartei hat als Wahlziel die Parole „100.000

Stimmen in Salzburg” ausgegeben. Ihr Ruf klingt selbstbewußt. Ihre Gegner freilich wundern sich, daß die ÖVP sich damit mit dem Stand von 1962 begnügen will. Bei 240.000 Wahlberechtigten würde sie damit auch heuer nur 42 Prozent der Stimmen auf sich vereinen.

Die Liste der ÖVP führt Bundeskanzler Dr. Josef Klaus an. Er kandidiert — wie auch bei den letzten Nationalratswahlen — als über- bündischer Kandidat der Gesamtpartei. Der Bundeskanzler wird jedoch nicht sein Salzburger, sondern sein Wiener Mandat annehmen, doch rechnet man damit, daß seine nominelle Kandidatur der Partei etliche Stimmen einbringt.

Opposition gegen Bauernbundführer

Für die Nominierung der folgenden drei Kandidaten hat es keinerlei Schwierigkeiten gegeben: Der Postbedienstete Karl Glaser verfügt als Landesgruppenobmann des ÖAAB und als Landesparteiobmann, doch auch durch seine initiative über eine so starke Position, daß sein Nationalratsmandat sowenig in Frage gestellt wurde wie das des Bauernbündlers Isidor Grießner. Dieser Pinzgauer Bauer gehört dem Parlament seit 1945 an. Grießner ist Präsident der Landwirtschaftskammer Salzburgs, steht seit 1962 auch an der Spitze der Präsidentenkonferenz der Landwirt- schaftskammem Österreichs und hat sich um die Landwirtschaft manche Verdienste erworben. Die Ämterkumulation macht Grießner unan greifbar. Tatsache ist jedoch, daß eine unübersehbare Opposition gegen ihn besteht: Daß der widerspenstige Allgemeine Bauernverband in Salzburg entstehen konnte, ist vor allem darauf zurückzuführen, daß der Bauernbund nach unten keine allzu große Aktivität zeigt und nach oben die Posten so zementiert, daß derzeit für niemanden eine Aufstiegsmöglichkeit besteht.

Den Wirtschaftsbund vertritt der Journalist Dr. Lujo Toniic. Man hörte, sein Nationalratsmandat wäre gefährdet, doch gibt es für ihn praktisch keine Konkurrenz, ist er doch als einer der Hauptsprecher der ÖVP zu Fragen der Außen- und Integrationspolitik bekannt. Man spricht sogar davon, er würde Staatssekretä:

Bobleter ablösen, falls Klaus nicht die kommende Regierung bilden würde. Das vierte Mandat wird an den Bauern Josef Steiner vergeben, der in der abgelaufenen Periode der jüngste Abgeordnete des Nationalrates war. Er wurde einst in die Liste aufgenommen, weil er Mitglied des Allgemeinen Bauernverbandes war, doch wurde er von diesem in der Zwischenzeit ausgeschlossen. Da er im Bauernbund keinerlei Profil zeigt, stellt sich die Frage, warum er unbedingt gehalten werden soll. Tatsächlich besitzt der Bauernbund zwei Mandate, obwohl er — wie in ganz Österreich — auch in Salzburg im Rückgang begriffen ist. Das Land zählt etwa 8000 landwirtschaftliche Betriebe; fast 19.000 Mitglieder registriert die Kammer der gewerblichen Wirtschaft; auch der ÖAAB läßt immer stärker von sich hören.

Es ist interessant, daß gewisse Kreise auch diesmal die Katholische Aktion für den Wahlkampf mobilisieren wollten; sie erhielten aber sowohl von der Partei als auch von der KA eine Abfuhr. Die KA will den Verdacht, sie sei eine kryptopolitische Organisation, von sich weisen; die ÖVP dagegen will nicht mehr die Weste einer „schwarzen Partei” tragen.

Die interessante Nummer fünf

Auch die Sozialistische Partei tritt mit den drei bisherigen Abgeordneten zur Wahl an. Kurt Preußler, Direktor der Pensionsversicherungsanstalt in Salzburg, gehört dem Parlament seit 1949 an. Er ist vor allem als Berichterstatter in Sachen ASVG und als Mitglied des Verteidigungs- ausschusses in Erscheinung getreten und gilt als Verbindungsmann seiner Partei zum Bundesheer; manchmal wird er als möglicher Staatssekretär im Verteidigungsministerium genannt. Preußler entfaltet auch als Bezirksparteiobmann von Salzburg- Stadt und Klubobmann der Gemeinderatsfraktion auf kommunal- politischer Ebene eine große Aktivität. Hermann Wielandner, Bürgermeister von Bischofshofen, ist Bezirksobmann der SPÖ im Pongau. Der Gemeindebeamte steht in dem Ruf, Begabung, Sachlichkeit und Initiative vereinen zu können. Er gehört dem Parlament erst seit dem Vorjahr an, wird jedoch auf Grund seiner Kenntnisse des Gemeinderechtes und der Schulangelegenheiten als kommender Mann geschildert. Adam Pichler, Bürgermeister von Saalfelden, von Beruf Gewerbetreibender, ist ein populärer Politiker des Pinzgaues. Er tritt vor allem für. die Wildbach- und Lawinenverbauung ein. Die SPÖ hat keine Chance, mehr als drei Parlamentsposten zu besetzen. Trotzdem ist die Nummer fünf der Kandidatenliste interessant. Hier wurde zum ersten Male mit dem Zentralsekretär der Eisenbahnergewerkschaft, Ernst Ulbrich, ein Wiener in die Salzburger Liste aufgenommen. Erste Bedenken gegen seine Nominierung waren rasch überwunden, weil Ulbrich bei den in Salzburg relativ stark vertretenen Eisenbahnern schon längst bekannt ist. Die Vorschläge für die Kandidatenliste werden jeweils von den Bezirksorganisationen der SPÖ erstellt und der Landesparteileitung vorgelegt. Der Parteivorstand nimmt sodann die Reihung vor. Nachdem diese die Zustimmung des Parteirates des Landes gefunden hat, wird sie vom Parteirat der SPÖ beschlossen.

FPÖ: Kronprinz in Sicht

Die FPÖ wird von Rechtsanwalt Gustav Zeilinger angeführt, dem häufigsten Zwischenrufer im Parlament. Er ist einer der Obmannstellvertreter seiner Partei und im Land Salzburg noch immer deren stärkster Exponent. Gleichzeitig wird als Kronprinz der aus der freiheitlichen Jugend kommende Notariatssubstitut Dr. Waldemar Steiner aufgebaut.

Die Demokratisch-Fortschrittliche Partei Olahs hat in Salzburg keinen repräsentativen Vertreter gefunden, sondern Leute, die teilweise schon bei anderen Parteigründungen und politischen Gruppierungen dabeigewesen sind. Manche Kreise der Gewerkschaft und der Exekutive sympathisieren zweifellos mit Olah. Welchen Anhang Olah bei der Wahl findet, ist ungewiß. Jedenfalls wird er von keiner Partei gefürchtet.

Für Salzburg dürfte die kommende Nationalratswahl keine größeren Veränderungen bringen.

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