6709741-1964_15_05.jpg
Digital In Arbeit

Salzburz SP ante Portas

Werbung
Werbung
Werbung

Nach den Gemeinderatswahlen in Kärnten und den Landtagswahlen im Burgenland kommt wohl keiner innenpolitischen Entscheidung in Österreich im Laufe des Jahres 1964 eine so überregionale Bedeutung zu wie den Landtagswahlen in Salzburg, die für Sonntag, den 26. April, angesetzt sind. Als zweiter allgemeiner Wahlgang folgt in diesem Bundesland im Herbst — der genaue Wahltermin ist noch nicht festgelegt

— in allen Gemeinden, mit Ausnahme der Landeshauptstadt Salzburg, die Gemeinderatswahl.

Schon die Festlegung der Wahltermine war ein Omen für die politische Konstellation und Besonderheit der Kräfteverhältnisse in Salzburg. Sie kommt am deutlichsten in der derzeitigen Zusammensetzung des Landtages und der Landesregierung zum Ausdruck: Von den 32 Abgeordneten des Hohen Hauses gehören 14 der ÖVP, 13 der SPÖ und 5 der FPÖ an; in der siebenköpfigen Landesregierung sitzen je drei ÖVP-und SPÖ-Männer, während die FPÖ einen Landesrat stellt. Den Landeshauptmann (DDr. Ing. Hans Lechner) und den Landtagspräsidenten (ökonomierat Martin Salier) stellt

— wie seit 1945 ständig — auch in dieser. Funktionsperipde, die,, Volkspartei)- doch ist dies keineswegs in der Landesverfassung verankert, die für die Wahl dieser beiden Spitzenfunktionäre lediglich die Wahl durch einfache Mehrheit bei Anwesenheit von mindestens zwei Drittel der Abgeordneten vorsieht; die Geschäftsordnung spricht außerdem von Parteienverhandlungen, die den einzelnen Wahlgängen vorangehen •ollen.

Als es nun um die Wahltermine 1964 ging, stellten die 13 Sozialisten einen Landtagsantrag auf Zusammenlegung beider Wahlgänge, während ÖVP und FPÖ sich für zwei getrennte Wahltage ausgesprochen haben, einerseits wegen der Verschiedenheit der politischen Problematik in Landtags- und Gemeindevertretungswahlen, anderseits, um den derzeit amtierenden Bürgermeistern und Gemeindevertretungen das Auslaufen ihrer Funktionsperiode im Herbst, dem größtenteils ein arbeits-und erfolgreicher Sommer vorangeht, zu ermöglichen.

Das Zusammengehen der Freiheitlichen mit der Volkspartei gerade in dieser Angelegenheit war noch dazu einer der seltenen Anlässe, bei denen es zu einer solchen Konstellation gekommen ist, während in der Mehrzahl der sonstigen strittigen Punkte, in erster Linie in der Schul- und in der Personalpolitik, eine „Koalition“ zwischen SPÖ und FPÖ festzustellen war. Dieses Zusammengehen hat sich gerade bei der jüngsten personalpolitischen Entscheidung wieder sehr augenscheinlich bemerkbar gemacht. Für den in den Ruhestand getretenen Direktor und Primararzt der I. Chirurgischen Abteilung am Landeskrankenhaus Salzburg, Hofrat Univ.-Prof. Dr. Erwin Domanig, war der Nachfolger zu bestellen. Obwohl von den medizinischen Kapazitäten drei a. o. Professoren österreichischer Universitäten primo loco vorgeschlagen worden waren, berief die Landesregierung mit SPÖ-FPÖ-Mehrheit (4:3) einen politisch genehmeren Kandidaten, der erst Dozent in Innsbruck war. Bei der bekannten Tatsache, daß der Salzburger Landesobmann der FPÖ, Nationalrat Gustav Zeü-Unger, zu jenen Politikern dieser Partei zu rechnen ist, die die Fäder zur SPÖ spinnen, darf diese Haltung nicht Wunder nehmen. In etwas mehr als einem Mona! also rufen diese drei Parteien, zu denen neben den Kommunisten zwei weitere, aber wahrscheinlich bedeutungslose Listen kommen, Salzburgs Bevölkerung wieder an die Wahlurne. Den Kommunisten ist es lediglich in der ersten Nachkriegswahlperiode von 1945 bis 1949 gelungen, einen Landtagsabgeordneten zu stellen,, seitdem haben sie nie mehr die für ein Grundmandat er- ', forderliche Stimmenanzahl erreicht, und sie dürften wohl auch diesmal diese Hürde nicht zu überspringen vermögen. Der offizielle Beginn des Wahlkampfes wurde in Parteienvereinbarungen für Osterdienstag, 31. März — einem „Aprilscherz“ wollte man wohl ausweichen — angesetzt, doch schwelte das Vorgeplänkel begreiflicherweise schon seit Wochen, ja Monaten dahin, zumal es bei diesen Wahlen vor allem für die beiden großen Parteien um Entscheidungen geht, die bisher kaum ein Vorbild in der Salzburger Landespolitik haben.

Der „Aufmarsch der Kandidaten“ ist inzwischen erfolgt; in Pressekonferenzen haben nach den entscheidenden Sitzungen der statutengemäß zuständigen Parteigremien alle drei derzeit im Landtag vertretenen Parteien ihre Kandidaten vorgestellt; zwei Parteien, SPÖ und FPÖ, haben auch schon ihre Wahlprogramme veröffentlicht.

Die FPÖ, die als erste an die Öffentlichkeit gegangen ist, hat sich

in doppeltes Wahlziel gesetzt: Sie vill einerseits verhindern, daß eine ler beiden Großparteien etwa die ibsolute Mehrheit erhält, und will nderseits alles daransetzen, zu hren bisherigen fünf Mandaten ein echstes — wobei nicht gesagt wor-len ist, von wem — zu erringen. >chon mit ihren bisherigen fünf Sit-:en im Landtag und dem von ihr [estellten Mitglied der Landesregierung hat sie eine „Zünglein-an-der-iVaage“-Rolle gespielt, die sie auf ille Fälle beibehalten will. Wenn ;ie daher immer wieder vom sogenannten „Salzburger Klima“ ipricht, das im Gegensatz zu den Wehrheitsverhältnissen in allen an-ieren Bundesländern in einer Dreier-Koalition mit sicherlich auch Dositiven Auswirkungen einer Zusammenarbeit ohne Opposition besteht, so meint sie in erster Linie iie Erhaltung dieses Zustandes und ies ihr dadurch möglichen Einflus-;es auf die Landespolitik.

Die Sozialistische Partei, die als zweite Ende Februar in Anwesenheit ies Vizekanzlers ihren Landespar-teirat abgehalten und dabei die Aufstellung und Reihung ihrer Kandi-Jaten vollzogen hat, hält derzeit mit iur einem Mandat (14:13) Abstand linter der ÖVP; in der Landesregierung hat sie, wie die ÖVP, drei Mitglieder. Allerdings hat sie im Jahre 1959 dieses 13. Mandat nur anz knapp erreicht, während der ÖVP nur wenig zum 15. gefehlt hatte. Da ein Sitz mehr als 6000 Stimmen kostet, ist man sich daher durchaus bewußt, daß es sehr schwierig sein wird, mandatsgleich mit der Volkspartei zu werden, wobei auch hier die Frage offen geblieben ist, ob man sich einen Zulauf von den bisherigen kommunistischen Wählern erhofft, oder ob man sich eher Chancen errechnet, den freiheitlichen Stimmenkader anzunagen. Jedenfalls geistert der Wunsch nach einem vierten sozialistischen Landeshauptmann in Österreich unterschwellig durch die Reihen, zumal gerade bei einer Mandatsverschiebung auf 14:4 von bisher 13:5 zwischen SPÖ und FPÖ diese als „Geburtshelfer“ durchaus zu gewinnen sein dürfte.

Als dritte und letzte Partei hat die ÖVP am 8. März unter dem Vorsitz ihres Landesparteiobmannes Dr. Josef Klaus in ihrer Präsidiumssitzung die Kandidatenaufstellung abgeschlossen. Ihr geht es begreiflicherweise darum, die Führungsrolle, die sie im Lande Salzburg seit 1945 ununterbrochen, in der ersten Wahlperiode sogar mit absoluter Mehrheit, innegehabt hat, beizubehalten und zu verstärken. Daß es ihr möglich sein wird, die bisherigen 14 Mandate zu halten, wird auch von den Konkurrenten kaum bezweifelt; die Partei selber will alles daransetzen, jenen fünfzehnten Landtagssitz, den sie im Jahre 1959 nahezu erreichen konnte, diesmal auch wirklich zu erringen. Mit zwei Mandaten Vorsprung würde es ihr in den nachfolgenden Verhandlungen sicherlich leichter sein, den moralischen und durch die bisherigen Gepflogenheiten im Lande erhärteten Anspruch auf den Sessel des Landeshauptmannes sowohl wie des Landtagspräsidenten durchzusetzen.

Die Bestimmung der Landesverfassung, daß diese beiden Spitzenfunktionäre nur in Anwesenheit von mindestens zwei Dritteln der Landtagsabgeordneten gewählt werden können, wird ihr dafür eine weitere hilfreiche Handhabe bieten, sie aber zumindest vor einer Majorisie-rung schützen.

Ein Thema. Viele Standpunkte. Im FURCHE-Navigator weiterlesen.

FURCHE-Navigator Vorschau
Werbung
Werbung
Werbung