Schulden zwischen Boom und Depression

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Josef Taus fragte 1959 nach der Bedeutung der Staatsschulden. Und fand eine Antwort, die auch 46 Jahre später noch genauso richtig ist wie damals, findet Ewald Walterskirchen.

Josef Taus * 1933

Unternehmer

Die Probleme mit dem Budgetdefizit und der Staatsschuld stellen sich heute noch genau so, wie sie Josef Taus vor 46 Jahren beschrieben hat. Nur die Größenordnung ist eine andere. Josef Taus hat in dem Furche-Artikel "Zwischen Boom und Depression" 1959 zu Recht betont, dass die "zulässige" Höhe der Staatsschuld gefühlsbestimmt ist. Heute sehen wir, dass in der Vergangenheit Budgetdefizite oft als "unfinanzierbar" bezeichnet wurden, die uns heute - auch gemessen am Brutto-Inlandsprodukt - als Lappalie erscheinen. Die gefühlsbestimmte Einstellung hängt meist stark von frei gewählten Zielen ab. Jede Abweichung vom fixierten Ziel - sei es ein ausgeglichenes Budget oder ein Defizit von drei Prozent des Bruttoinlandproduktes - wird als Verfehlung betrachtet.

Josef Taus schrieb weiter, dass der Staatsschuld - verglichen mit anderen Problemen - zu viel Bedeutung beigemessen wird. Als hätte er schon die unseligen Maastricht-Verträge der eu geahnt! Als Josef Taus den Artikel schrieb, waren Vollbeschäftigung und hohes Wirtschaftswachstum die primären wirtschaftspolitischen Ziele. Heute hat sich das Bild gewandelt: Preisstabilität und ausgeglichenes Budget wurden seit den Erdölkrisen zu den Hauptzielen erkoren, von der Vollbeschäftigung haben wir uns schon lange verabschiedet.

Vater oder Finanzminister

Als sinnlos und bar jeden wirtschaftlichen Verständnisses bezeichnete Josef Taus die Ansicht, dass die Höhe der österreichischen Staatsschuld gefährlich und die Verschuldung nicht notwendig gewesen wäre. In den letzten Jahrzehnten wurde immer deutlicher, dass die Budgetentwicklung nicht einfach frei bestimmbar ist, sondern stark vom Wirtschaftswachstum beeinflusst wird. Hier besteht eben ein großer Unterschied zwischen einem Familienvater und einem Finanzminister. Der Familienvater kann sein Budget in Ordnung bringen, wenn er seine Ausgaben verringert. Wenn der Finanzminister dagegen die Investitionen senkt oder die Steuersätze erhöht, dann kürzt er sich damit (über ein geringeres Wirtschaftswachstum) auch die eigenen Einnahmen. Leider kann man diesen Unterschied den Staatsbürgern so schwer vermitteln.

Kein Zweifel, dass jede Regierung langfristig versuchen wird, hohe Staatsschulden und Budgetdefizite zu verringern. Inwieweit der Budgetausgleich gelingt, hängt jedoch primär vom Wachstum der Wirtschaft ab. Die Staatsschulden kann man natürlich durch Auslagerungen und Privatisierung, also durch "Verscherbeln des Familiensilbers", verringern - aber leider nur einmal.

Heilsame Schulden

Josef Taus betonte, dass eine richtig geführte Staatsschuldenpolitik sehr heilsame und wohltuende Wirkungen auf den Ablauf des Wirtschaftsprozesses habe. Dem kann ich aus heutiger Sicht voll zustimmen. Wie eine richtig geführte Staatsschuldenpolitik aussieht, zeigen uns heute vor allem die usa, Großbritannien und Schweden: In einer Rezessionsphase wird das Budgetdefizit stark ausgeweitet, sodass ein selbsttragender Konjunkturaufschwung einsetzt, der dann die Staateinnahmen wieder sprudeln lässt und oft sogar zu einem Budgetüberschuss im Boom führt. Im Zuge des Aufschwungs wird kräftig eingespart, ohne dass die Wirtschaft und der Arbeitsmarkt dabei Schaden nehmen. (In einer Banken- und Immobilienkrise funktioniert dieses Rezept leider nicht, wie das Beispiel Japan in den neunziger Jahren gezeigt hat.)

Eine falsch geführte Budgetpolitik versucht dagegen, das Defizit auch in einer Rezession zu verringern (siehe Maastricht-Verträge). Dann kommt die Wirtschaft oft viele Jahre nicht aus der Stagnation heraus und die konjunkturbedingten Budgetdefizite steigen immer weiter.

Es ist geradezu verblüffend, mit welcher Leichtigkeit die Kernaussagen des Furche-Artikels von von 1959 heute wieder abgedruckt werden könnten - und es würde niemandem auffallen, dass der Beitrag schon fast ein halbes Jahrhundert alt ist.

Der Autor ist Ökonom am

Wirtschaftsforschungsinstitut (wifo)

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