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Selbstmord rechts und links

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Das Ergebnis der letzten Parlamentswahlen hat sowohl auf dem äußersten linken wie auch am rechten Flügel der politischen Parteien Schwedens zu schweren Zerwürfnissen geführt, die sehr wohl in einer völligen Umgruppierung der politischen Kräfte in der Führung des Landes ausmünden können. Daß dabei auch die Wahlniederlage der regierenden Arbeiterpartei eine Rolle spielt, ist unverkennbar;.

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Das Ergebnis der letzten Parlamentswahlen hat sowohl auf dem äußersten linken wie auch am rechten Flügel der politischen Parteien Schwedens zu schweren Zerwürfnissen geführt, die sehr wohl in einer völligen Umgruppierung der politischen Kräfte in der Führung des Landes ausmünden können. Daß dabei auch die Wahlniederlage der regierenden Arbeiterpartei eine Rolle spielt, ist unverkennbar;.

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Im Kommunistischen Verband der Marxisten-Leninisten, der bei der Wahl nur knapp ein halbes Prozent aller Stimmen erhalten konnte, wütet der Spaltungspilz. Die Ortsgruppe Göteborg des Verbandes, einmal die Keimzelle der ganzen Bewegung, richtete gegen die Verbandsleitung in Stockholm wegen angeblicher rechter Abweichungen scharfe Angriffe und hat sich jetzt vom Verband völlig losgesagt. Natürlich will man eine neue, noch radikalere Partei gründen. Es wiederholt sich hier jener Zersplitterungsprozeß, der im benachbarten Dänemark die Linkssozialisten in einen Zustand der völligen Bedeutungslosigkeit geführt hat. Göteborg war zudem die einzige größere Stadt, in der man sich die Eroberung eines Mandates durch die Marxisten-Leninisten hätte vorstellen können.

In der Partei der schwedischen Konservativen, die ebenfalls eine recht empfindliche Wahlniederlage hinnehmen mußte, tobte durch viele Monate ein erbitterter Kampf um den Posten des Ersten Parteivorsitzenden. Die Partei, die sich erst nur recht und schlecht „Rechtspartei“ (Högern) genannt hatte, bemühte sich unter der Führung ihres ruhigen und besonnenen Vorsitzenden Yngve Holmberg (45) um eine gemäßigte Politik, um eine Zusammenarbeit mit den beiden anderen bürgerlichen Parteien möglich zu machen. Sogar den Parteinamen hatte man auf „Gemäßigte Sammlungspartei“ abgeändert. Nun erzielte zwar die bürgerliche Opposition, als Ganzes gesehen, ihr bestes Wahlresultat seit 20 Jahren, die Konservativen fielen jedoch von 13,9 auf 11,6 Prozent aller Stimmen zurück. Einer stark rechtsorientierten Gruppe im Vorstand dieser Partei, geführt vom Stellvertretenden Vorsitzenden

Gösta Bohman (59), gelang es nun nach einem dramatischen und recht skrupellos geführten Kampf, den gemäßigteren Yngve Holmberg aus dem Parteivorstand hinauszuwerfen, obwohl dieser gut 40 Prozent der Parteimitglieder hinter sich hat. Gösta Bohman wird hier allgemein als „dunkelblau“ bezeichnet, das heißt, als ein Mann der äußersten Rechten, der eine „profiliert konservative Politik“ betreiben will. Sein kurz vor der Wahl herausgegebenes Buch „Innenpolitische Außenpolitik“ ließ starke Zweifel daran wach werden, ob Bohman die neutrale außenpolitische Linie Schwedens (zu der sich offiziell auch die Konservativen bekannt haben!) vertreten will. Eine enge Zusammenarbeit der drei bürgerlichen Parteien erscheint nun jetzt recht unwahrscheinlich.

Die Folge war, daß sich bekannte Parteigänger der Konservativen von der neuen Parteiführung unter Bohman lossagten. Eine Politikergruppe um die angesehene Zeitung „Sydsvenska Dagbladet“, die bisher die Konservativen unterstützt haben, setzen sich nun stark für eine liberal-sozialdemokratische Zusammenarbeit ein, da dies die einzige Möglichkeit ist, die Regierung Palme von der Unterstützung durch die Kommunisten unabhängig zu machen. Zwischen dem liberalen Sozialdemokraten Olof Palme und den sozialen Liberalen in der Volkspartei und der Zentrumspartei besteht — so argumentiert man in Südschweden — kaum noch ein Unterschied. Auch Regierungschef Palme hat zugegeben, daß es schon zu unverbindlichen internen Aussprachen in dieser Sache gekommen ist. Das ist eine Entwicklung, die zu tiefgehenden Veränderungen in Schweden führen kann — und zu einer Verminderung des Gewichtes der kommunistischen Parlamentsfraktion.

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