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SPD: Ein weiter Weg zur Mehrheit

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Die Wahlchancen? Es wird eigentlich von niemand bezweifelt, daß die SPD diesmal erheblich zunehmen wird. Von 36 auf 50 Prozent, die die SPD benötigen würde, um eine Regierung bilden zu können, ist es aber ein weiter Weg. Daß man überhaupt davon spricht, ist an sich schon sehr erstaunlich. Zwar hatte die SPD in der letzten Phase der Ära Adenauer erhebliche Chancen. Ihre Aussichten sanken aber vor zwei Jahren, als Ludwig Erhard mit der Parole vom Volkskanzler die Nachfolge Adenauers antrat, auf fast Null. Eine nach Versöhnung mit der CDU strebende SPD konnte alles, nur nicht einen Mann schlagen, der über den Parteien stand.

CDU: innen und außen

Doch dieser Vorteil dauerte nicht lange. Von seinen Wahlkampfstrategen ließ sich Ludwig Erhard in die Rolle eines Mannes drängen, der den Wahlkampf ebenso genießi wie Adenauer. Dies hätte seine Position noch nicht verschlechtern müssen. Schlimmer war, daß Erhard mit seiner eigenen Partei nicht fertig wurde. Gegen die lautstark von Konrad Adenauer, Franz-Josef Strauß, Gerstenmaier und anderen geäußerten außenpolitischen Ansichten konnte er sich kaum durchsetzen und die darüber in aller Öffentlichkeit ausgebrochenen Streitereien in seiner Partei nicht schlichten. Wenn sich die CDU heute einig gibt, so nur deshalb, weil sie weiß, daß sie nur mit Erhard diesen Wahlkampf gewinnen kann. Wie starke innere Spannungen in Wirklichkeit bestehen, zeigten vor einiger Zeit die Äußerungen von Adenauer und Strauß zur Genfer Abrüstungskonferenz, die der Bundesregierung äußerst peinlich waren, weil sie ihre Außenpolitik desavouierten.

Erhard hat in den letzten zwei Jahren seine Politik nur mit Hilfe fon FDP und SPD durchsetzen können. Die CDU mußte ihn im Hinblick auf die Wahl schonen, weil er der einzige ist, der die CDU im Wahlkampf führen konnte.

FDP: Der „geborgte Kandidat“

Die FDP war bei den letzten Bundestagswahlen der überraschende Gewinner. Mit der Parole: für eine Koalition mit der CDU, aber nicht mit Adenauer, sondern mit Erhard, hat sie diesen Erfolg errungen. Tatsächlich hat sie auch nach zwei Jahren die Ablösung Adenauers erzwungen. Diesmal isl die Frage der Wahlparole aber sehr schwierig. Auch die FDP hat keinen anderen Kanzlerkandidaten als Ludwig Erhard. Mit diesem kann sie aber eine Wahl nicht gewinnen allenfalls mit der sehr schwierigen Parole, daß sie im Gegensatz zur CDU eine kontinuierliche, von Erhard bestimmte Politik garantiere. Ob sie mit dieser sehr komplizierten Überlegung die ihr 1961 zugeströmten politisch denkenden Wähler ansprechen kann, ist zweifelhaft.

Aus anderen Gründen aber sind jene zirka 5 bis 6 Prozent, die aus politischen Überlegungen 1961 FDP wählten, prädestiniert, die Wahl 1965 zu entscheiden. Sie sind es, die sich erst in den letzten zehn Tagen festlegen und die unter Umständen Unentschiedene, mitreißen. Wählen diese 5 bis 6 Prozent wieder FDP, so wird die CDU einige Wähler an die SPD verlieren, im übrigen aber ihren Stand halten. Gehen sie zur SPD, so wird es ein erheblicher Sieg dieser Partei werden. Kehren sie zur CDU zurück, so hat diese die Wahl gewonnen.

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