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Stabilität trotz harter Streitereien

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Werden die ersten allgemeinen Wahlen in Mazedonien seit der Unabhängigkeit 1992 nach wirtschaftlicher auch politische Stabilität bringen?

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Werden die ersten allgemeinen Wahlen in Mazedonien seit der Unabhängigkeit 1992 nach wirtschaftlicher auch politische Stabilität bringen?

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Sieger der Parlamentswahlen in Mazedonien ist die regierende Mitte-Links-Koalition „Bund für Mazedonien“, die aus drei Parteien (die Sozialdemokratische Allianz, die Sozialistische Partei und die Liberale Partei) besteht. Sie gewann bei der zweiten Abstimmungsrunde am 50. Oktober 83 der 120 Sitze im parlament (Sobranje). Die größte Partei der albanischen Volksgruppe, die Partei der Demokratischen Prosperität (PDP), erhielt 14 Mandate. Die übrigen Sitze sicherten sich Splitterparteien sowie unabhängige Kandidaten. Im ersten Wahlgang vor drei Wochen war nur über elf

Außerdem war Präsident Kiro Gligo- rov, der 77jährige ex-kommunisti- sche Funktionär, mit einem Stimmenanteil von knapp 52 Prozent im Amt bestätigt worden. Er wurde vom „Bund für Mazedonien“ und der albanischen PDP unterstützt. Sein Gegenkandidat war Ljubiša Georgiev- ski, ein bekannter Regisseur und Mitglied der nationalistischen Partei VMRO-DPMNE, auf den aber nur 14 Prozent der Stimmen entfielen. Um die 120 Parlamentssitze kämpften insgesamt 37 Parteien und viele unabhängige Kandidaten. Die wichtigsten Oppositionsparteien sind die nationalistische VMRO-DPMNE, die mit 38 Sitzen bisher die größte Parlamentsfraktion stellte, und die Demokratische Partei, eine von Intellektuellen unterstützte und zwischen den Nationalisten und der Regierungskoalition pendelnde Gruppierung.

Das wichtigste außenpolitische Thema des Wahlkampfes war der Streit mit Griechenland über den Namen des Landes Mazedonien. Die Oppositionsparteien warfen der Regierung vor, zuviel Nachsicht bei den haben und lehnten jede Änderung des Namens ab. Außerdem wurde Vertretern der regierenden Koalitionsparteien seitens der Opposition Bestechlichkeit und Kooperation mit dem organisierten Verbrechen vorge-. worfen. Bedeutende Einnahmen aus dem Warenschmuggel und dem unerlaubten Handel mit Serbien und Montenegro wegen der UNO-Sank- tionen fließen offensichtlich nicht nur in die Staatskasse, sondern auch Einzelpersonen profitieren davon.

Der stärkste Trumpf der regierenden Parteien, denen 1992 die friedliche Lösung von Jugoslawien gelang, ist die innenpolitische Stabilität. Der Regierung ist es heuer trotz des „doppelten Embargos“ (FURCHE 10/1994) - UNO-Wirtschaftssank- tionen gegen Rest-Jugoslawien und das Mitte Feber von Griechenland verhängte Handelsembargo wegen des Namensstreits gelungen, die na-tionale Währung - den Denar - stabil zu halten. Sein Wert in bezug auf die Deutsche Mark hat sich sogar verbessert. Die monatliche Inflationsrate bewegt sich bei 0,6 Prozent. Zu Beginn des Wahlkampfes im auch die Anerkennung des Internationalen Währungsfonds für ihr seit Jahresbeginn durchgeführtes Stabilisierungsprogramm.

Nach der ersten Runde der Parlamentswahlen wurden Vorwürfe seitens der Opposition über Wahlbetrug laut. Deswegen hatten die beiden größten Oppositionsparteien zu einem Boykott der Stichwahl am 30. Oktober aufgerufen; sie hatten damit Erfolg: nur 35,18 Prozent der Wahlberechtigten machten von -ihrem Stimmrecht Gebrauch. Die VMRO- DPMNE und die demokratische Partei hatten an demselben Tag in ten eine „Parallelwahl“ durchgeführt. An dieser Abstimmung beteiligten sich nach Angaben der Opposition mit rund 460.000 Menschen fast 30 Prozent der Wahlberechtigten. „Wir wollten an gefälschten Wahlen nicht teilnehmen. Für unsere Parteien würde dies einem Selbstmord gleichkommen“, hatte VMRO-DPMNE-Sprecher, Martin Trenevski, erklärt.

Internationale Wahlbeobachter der KSZE und des Europarates haben zwar Verfehlungen in der ersten Runde bestätigt, diese seien aber auf technische Pannen, nicht auf politischen Druck zurückzuführen.

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