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Ukraine-Krieg: Machtverschiebung nach China

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Der Ukraine-Krieg ist keine Zeitenwende, er ist Ausdruck der neuen Dominanz Chinas im Weltgeschehen. Über die künftigen Anforderungen für den Westen – und was die EU zu erwarten hat.

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Der Ukraine-Krieg ist keine Zeitenwende, er ist Ausdruck der neuen Dominanz Chinas im Weltgeschehen. Über die künftigen Anforderungen für den Westen – und was die EU zu erwarten hat.

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Dass der russische Angriff auf die Ukraine eine Zeitenwende für Europa bedeutet, wird derzeit von vielen politischen Beobachtern wiederholt. Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter schrieb zum Beispiel der deutsche Bundeskanzler Olaf Scholz, dass der russische Angriff auf die Ukraine eine „Zeitenwende“ markiere, während die frühere Bundeskanzlerin Angela Merkel den Krieg als eine „tiefgreifende Zäsur in der Geschichte Europas“ sieht.

Tatsächlich stellt der Angriff in vielerlei Hinsicht eine Zäsur für Europa dar. Zwischenstaatliche Kriege sind in Europa schon seit Ende des 2. Weltkriegs eine Seltenheit. Gegen diesen Hintergrund stellt der russische Versuch, eine große Demokratie auf europäischem Territorium zu erobern, eine neue Eskalationsstufe dar. Aus etwas Distanz betrachtet wird aber klar, dass dieser Krieg nur ein Aspekt einer viel weitreichenderen Entwicklung in den internationalen Beziehungen darstellt, nämlich einer bedeutenden Machtverschiebung auf globaler Ebene.

Diese Machtverschiebung ergibt sich durch den stetigen Aufstieg Chinas zur Weltmacht. Chinas Machtressourcen sind ungleich größer als jene von Russland: so übertrifft sowohl die chinesische Wirtschaftsleistung als auch die Bevölkerungszahl jene von Russland jeweils um einen Faktor von 10. Noch wichtiger als die schiere Größe Chinas ist aber sein rasches Wachstum. Kaufkraftbereinigt ist China schon seit 2017 die größte Volkswirtschaft der Welt und auch nominell wird sie sich bis 2030 vor der US-amerikanischen an die Spitze stellen. Bedenkt man nun, dass im Jahr 2000 das nominelle Bruttoinlandsprodukt Chinas nur zirka zwölf Prozent des amerikanischen ausmachte, werden Ausmaß und Geschwindigkeit der Machtverschiebung klar. Dieser wirtschaftliche und gleichzeitig technologische Aufstieg bleibt nicht ohne Konsequenzen für die Fähigkeiten Chinas, seine Interessen im internationalen System durchzusetzen.

Machtverschiebung Richtung China

Der Krieg in der Ukraine wird diese Machtverschiebung hin zu China intensivieren. Russland ist zwar militärisch noch eine Großmacht, in allen anderen Belangen aber längst zur Mittelmacht abgestiegen. Der Krieg wird den relativen Abstieg Russlands alleine schon durch die direkten Kosten der Kriegsführung weiter beschleunigen. Zudem werden die westlichen Sanktionen einen so starken Effekt haben, dass Russlands Wirtschaft ohne chinesische Hilfe schlicht zusammenbrechen würde. Russland wird sich also in Abhängigkeit von China begeben müssen, weshalb wir uns über kurz oder lang wie schon zu Zeiten des Kalten Krieges in einem bipolaren internationalen System wiederfinden werden, in dem sich zwei Supermächte – nämlich die USA und China – gegenüberstehen.

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