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Unruhige katholische Arbeiter

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Das Unbehagen, das den linken Flügel der CDU und insbesondere dessen führenden Kopf, den Bundestagsabgeordneten Hans K a t z e r, über die Koalition mit der FDP beschlich, hat sich in letzter Zeit in zwei drastischen Kundgebungen Luft gemacht.

Unmittelbar vor dem Bundesparteitag der CDU, in den letzten Maitagen, distanzierte sich auf einem Verbandstag in Saarbrücken die Katholische Arbeiterbewegung (KAB) von der Regierung und warnte sie vor einem allzu engen Zusammengehen mit- der FDP. In diesen Tagen schloß sich Hans Katzer in einem Artikel in den christlich-demokratischen „Blättern der Arbeit“ dieser Warnung an. In dem Ergebnis der Wahlen in Nordrhein-Westfalen, die eine Annäherung des Stimmenanteils von CDU und SPD von 11,3 Prozent (1958) auf 3 Prozent brachten, sieht Katzer eine Bestätigung seiner These, daß die SPD heute für viele Wähler eine Alternative zur CDU sei und daß die Koalition mit der FPD seiner Partei die Sympathien der Arbeiterschaft kosten könne.

Unter den heute noch sehr unterschwelligen Verschiebungen innerhalb der CDU ist die hierbei sichtbar gewordene Haltung der Katholischen Arbeiterbewegung (KAB) sicher eine der interessantesten. Diese darf nicht gleichgesetzt werden mit den seit ihrer Neugründung (1955) nur noch ein Schattendasein führenden Christlichen Gewerkschaften. In der KAB sind heute auch viele Mitglieder des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB).

Die christliche Arbeiterschaft bildete schon im alten Zentrum vor 1933 ein ausgesprochen demokratisches Element. Ihr Einfluß nach 1945 in der CDU entsprach nie ihrer wirklichen Stärke. Ihre Vertretung im Bundeskabinett, der Arbeitsminister Theodor Blank, verbaute sich durch Ungeschicklichkeit viele Chancen und hat insbesondere in den letzten Jahren durch seine Niederlagen in der Reform der Krankenversicherung an Ansehen und Einfluß weiter eingebüßt. Trotzdem ist der CDU in den Bundestags wahlen 1957 ein tiefer Einbruch in die Arbeiterschaft gelungen, der auch 1961 von der SPD nicht ganz wettgemacht werden konnte. Hierbei spielen allerdings wohl andere Überlegungen mit. Das Wohlstandsstrebcn der Arbeiter hat viele von der gesellschaftlich' nicht so angesehenen SPD weggelockt. Die wirtschaftlichen Erfolge der CDU taten ein Übriges. Das hat dazu geführt, daß innerhalb der CDU der oft opponierende linke Parteiflügel, in dem die KAB ihre politische Vertretung sah, immer mehr an Einfluß verlor. Gerade bei der Regierungsbildung 1691 sind alle von dort kommenden Warnungen in den Wind geschlagen worden.

Wenn sich nunmehr die KAB in Saarbrücken in auffallender Weise von der CDU distanzierte und Katzer damit zwang, schärfere Töne anzuschlagen, dann geht das auf eine seit Jahren angereicherte Verärgerung zurück. Konrad Adenauers enge Beziehungen zu Pferdmenges, seine seit Jahren zu beobachtende Nachgiebigkeit für Interventionen von Seiten der Schwerindustrie haben dazu nicht weniger beigetragen, als Ludwig Erhards in zunehmendem Maß gewerkschaftsfeindlicher werdende Wirtschaftspolitik und insbesondere die Koalition mit der in enger Beziehung zur Großindustrie stehenden FDP. Das Zusammenspiel zwischen dem Geschäftsführer des Bundes der deutschen Industrie und CDU-Bundestagsabgeordneten Stein mit seinen Freunden in der FDP bei den Koalitionsverhandlungen im vergangenen Herbst hat zu dem Schlagwort in der KAB geführt, es gelte, in dieser Koalition das Heraufkommen einer „sozialreaktionären Steinzeit“ zu verhindern.

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